Test für ein negatives farbiges Nachbild:
Zunächst 20 sec den oberen schwarzen Punkt zwischen der roten und grünen Fläche oben betrachten. Dann auf den schwarzen Punkt auf der weißen Fläche starren. Nach ca. 3 sec erscheint auf der linken Fläche ein Quadrat in blass blaugrün und rechts in blass lila. Nach kurzer Zeit ist das Blatt dann wieder weiß. Im unteren Beispiel funktioniert das genauso, bloß das jetzt im weißen Bereich darüber die Farben blass blau und blass gelb genau entgegengesetzt auftauchen.
Die menschliche Netzhaut besteht aus lichtempfindlichen Zellen (Photorezeptoren), bei denen sich zwei unterschiedliche Typen unterscheiden lassen: Stäbchen und Zapfen. Während die Stäbchen für die Hell-dunkel-Wahrnehmung und das Sehen in der Dämmerung wichtig sind und hier schwarzweiße Nachbilder entstehen würden, liefern die Zapfen Informationen über die Farben eines betrachteten Gegenstandes. Es gibt drei Arten von Zapfen:
Blickt man zum Beispiel über längere Zeit auf eine rote Fläche, so ermüden die Rotzapfen mit der Zeit. Richtet man die Augen danach auf eine weiße Fläche, die alle Zapfentypen gleichmäßig anspricht - da weißes Licht alle Farben enthält - so liefern die nicht ermüdeten Photorezeptoren ein normales Signal, während das Signal der ermüdeten Zellen schwächer ausfällt. Dadurch werden die Rotanteile des weißen Lichts schwächer dargestellt, sodass die blauen und grünen Anteile stärker hervortreten – ein blaugrünes Nachbild entsteht - wie wir es bei obigem Beispiel an der roten Fläche sehen. Sobald sich die Rotzapfen wieder erholt haben, erscheint die Fläche wieder komplett weiß, das Nachbild erlischt. Die entstehende Gegenfarbe ist immer sozusagen die Summe aller restlichen Farben im Gesamtfarbspektrum (weiß enthält ja alle Farben, s. Farbensehen) ohne die vorher gesehene Farbe. Nach kurzer Zeit hat sich das Auge - bzw. die Farbrezeptoren - jedoch wieder umgestellt und sieht wieder weiß. Da die Gegenfarbe von Blau z.B. Gelb ist, kommt es auf unserem Beispiel zum Austausch der Farben.
Da wir im Alltag das Auge in der Regel ständig bewegen, um unsere Umwelt zu erfassen, kommt es selten zu Nachbildern, da ein Lichtreiz selten so lange einwirkt, um eine Ermüdung des zugehörigen Rezeptors in der Netzhaut zu bewirken.
Anders ist es allerdings, wenn man sich längere Zeit in einem Raum mit farbigem Licht aufhält. Wer aus einem Raum mit blauer Beleuchtung ins Tageslicht tritt, sieht die Umgebung zunächst wie mit einem dünnen Schleier warmer Orangetöne überzogen. Dieser Effekt kommt dadurch zustande, dass die ermüdeten K-Zapfen jetzt schwerer erregbar sind und der blaue Anteil des Tageslichts daher nur in geringerem Maße registriert wird. Dadurch treten Orange- und Gelbanteile des Lichts deutlicher hervor.
Ein anderes praktisches Beispiel ist die Kleidung und die Operationstücher in Operationssälen. Sie sind meistens grün oder blau-grün. Diese Farben wurden gewählt, um den Nachbild-Effekt zu unterdrücken. Betrachtet der Chirurg lange Zeit die rote Operationswunde würde er beim Aufblicken ein blaugrünes Nachbild sehen. Erfahrungen haben gezeigt, dass das aber Übelkeit hervorruft. Auf dem grünem Untergrund des Op-Tuches oder dem Operationskittel des gegenüberstehenden Assistenten ist der Effekt praktisch ausgeblendet. Zusätzlich ist grün auch relativ blendfrei.
(Stand 14.04.2024)