Beim Gerstenkorn (Fachausdruck: Hordeolum) und beim Hagelkorn (Fachausdruck: Chalazion) handelt es sich um gutartige entzündliche Verdickungen (Tumore) des Lides. Um es noch einmal zu betonen, “Tumor” heißt in der Medizin nicht zwangsläufig bösartig, sondern nur “Schwellung wo sie normal nicht hingehört” !
Das Gerstenkorn entsteht durch Einwandern von Bakterien (Staphylokokken) in bestimmte Lidranddrüsen und es entsteht dadurch eine örtliche entzündliche Einschmelzung von Gewebe (Abszess). Je nach betroffener Drüse sitzt es etwas woanders. Besonders gern bildet es sich im Rahmen einer chronischen (dauerhaften) Lidrandentzündung oder bei trockenen Augen. Es kommt zur Eiterbildung im Lid, zur schmerzhaften Verdickung, Rötung und Schwellung des Lides (zunächst eher diffus und später an einer besonders druckschmerzhaften Stelle konzentriert) und schließlich nach ca. einer Woche zum Aufplatzen nach aussen auf die Haut unterhalb der Lidkante (äußeres Gerstenkorn) oder nach innen auf die Lidinnenseite (inneres Gerstenkorn). Selten kann es auch am Lidrand sitzen (Lidkantengerstenkorn). Im Prinzip ist es so etwas wie ein entzündeter “Pickel”, bloß an anderer Stelle. Auch so ein “Pickel” bildet ja zuerst eine leicht verdickte schmerzhafte Stelle, ehe er typisch mit dem gelben Mittelpunkt nach aussen drängt. Wie der “Pickel” auch, heilt es von selber aus und hinterläßt selten Folgen (aber siehe Hagelkorn unten). Es handelt sich also im Gegensatz zum unten beschriebenen Hagelkorn um eine “akute” Erkrankung. Nicht verwechseln sollte man es auch mit der schmerz- und reizlosen Talgretentionsyste.
BILDER: Auf den Bildern ist der Reihe nach zu sehen:
Um die Auflösung oder den Eiterausbruch und damit die schnellere Abheilung zu fördern hilft trockene Wärme, z.B. Rotlicht 3x täglich 10 Minuten auf die geschlossenen Augen, mit Betonung des betroffenen Lides. Es soll ein warmes Gefühl wie beim Liegen in der Sonne geben, das Auge soll nicht “gebraten” werden. Alternativ können auch heisse Kompressen helfen. Wichtig ist nur, daß keine feuchten Kompressen (sehr “beliebt” Kamillentee) oder feuchte Umschläge verwendet werden, da so die Bakterien verschleppt werden und weitere Gerstenkörner entstehen können.
Der Talg wird durch die Hitze dünnflüssiger und die Entzündung “angeheizt”. Das Gerstenkorn eröffnet sich so schneller und die Lidkantenversion des Gerstenkorns (s. oben 2. Bild) kann man sogar durch Massage zur Lidkante etwas ausdrücken. Bei den Formen ohne Öffnung NIE “dran rumdrücken”. Der Eiter geht so nur tiefer ins Gewebe. Spannt das Gerstenkorn zu schmerzhaft, hilft Kühlen die Schwellung vorübergehend zu mindern. Zur Bekämpfung der Bakterien werden antibiotische Augentropfen und -salben gegeben. Treten häufig wiederkehrend Gerstenkörner auf, soll man auch an einen Diabetes oder ein herabgestztes Immussystem (Immunsuppression) denken. Insbesondere beim sehr alten, pflegebedürftigen Patienten kann es auch ein hygienisches Problem sein. Im reifen Stadium kann man es zur schnelleren Abheilung mit einer Kanüle oder einem Skalpell eröffnen (nur der Augenarzt ! keine Selbstoperation !). Nur in sehr ausgeprägten Fällen oder starker Rückfallneigung werden Tabletten zur antibakteriellen Behandlung von innen gegeben.
Im Gegensatz zum Gerstenkorn schmerzt das Hagelkorn kaum. Wie eine kleine leicht bewegliche Erbse sitzt es unter der Haut im Ober- oder Unterlid. Unten im Bild bei offenem und bei geschlossenem Auge.
Es verschwindet fast nie spontan und besteht meist schon Monate, bis der Betroffene “es endlich leid” ist. Man spricht von einer “chronischen” Entzündung, im Gegensatz zum schmerzhaften, plötzlich auftetenden, entzündeten Gerstenkorn. Hier haben sich in einer verstopften Lidranddrüse (Meibomdrüse) die Überbleibsel einer Entzündung aber ohne Bakterien und Eiter abgekapselt. Es handelt sich um eine sogenannte “Sekretverhaltung” und anschließende Bildung von Narbengewebe. Es kann auch ein ehemaliges nicht komplett abgeheiltes Gerstenkorn sein. Begünstigend wirken auch chronische Lidrandentzündungen. Meist ist aber keine vorherige Entzündung erinnerlich. Der Körper hat den entzündlichen Bereich einfach “verpackt und abgelegt”. Dadurch “kommt er selbst nicht mehr heran” und der “Zellmüll” bleibt einfach liegen. In der Regel “regt er sich auch nicht mehr darüber auf” d.h. es besteht keine entzündliche Rötung und es schmerzt nicht. Selten ist das Hagelkorn entzündlich verändert, dann kann es fast wie ein Gerstenkorn aussehen. Wenn nachträglich Bakterien einwandern (sekundäre Infektion) tut es auch plötzlich doch weh. Erst die “Geschichte” weist dann aufdie Ursache hin. Schmerzhaftigkeit und Dauer des Bestehens sind die entscheidenden Hinweise. Es gibt allerdings auch Mischformen und Übergänge. Auf dem Bild unten sieht man am Oberlid ein schon lange bestehendes “ausgeprägtes Exemplar”, daß schon die Lidkante verformt. Es gibt auch kleinere, die nur wie eine kleine Verhärtung unter der Haut im Bereich einer Lidschwellung tastbar sind.
Beim Hagelkorn sind alle örtlich oder als Tablette angewandten Mittel ohne Erfolg. Im Prinzip kann man entweder damit leben, denn es ist ungefährlich und stört allenfalls kosmetisch oder man entfernt es in örtlicher Betäubung. Da dies meist von der Lidinnenseite erfolgen kann, sieht man auch keine Narben. Auch bei einem Schnitt von aussen (manchmal sinnvoller) muß man nach der Abheilung keine Narbenspuren fürchten, da die dünne Lidhaut sehr schön und narbenarm verwächst. In der Regel sieht man auch hier später nichts. Lässt man es längere Zeit bestehen können jedoch bei größeren Exemplaren Hautverdünnungen darüber entstehen, die sich rötlich verfärben. Dann ist es schon “schöner” wenn man es vom Augenarzt entfernen lässt. Schwankungen in der Größe bei längerem Bestehen sollten übrigens nicht zu der Hoffnung verleiten, “das geht schon weg”. Entzündet es sich, muß vor der operativen Entfernung die Entzündung mit Tropfen und Salben behandelt werden.
Manche Leute neigen zu Hagelkörnern. Entscheidende Vorbedingung für die Entwicklung eines Hagelkorns ist die Verstopfung der Drüsenausgänge. Hierfür kann eine dauerhafte Lidrandentzündung (chronische Blepharitis) oder anlagebedingte Neigung zu verdicktem Drüsensekret mit Stau die Ursache sein. Deswegen kommt dies auch besonders bei Patienten mit bestimmten Hautkrankheiten wie der Rosazea oder der seborrhoischen Dermatose vor, bei denen ja die Haut allgemein entzündet ist bzw. die Talgdrüsen nicht richtig arbeiten. Man sollte daher darauf achten, daß die Lidranddrüsen gar nicht erst verstopfen und Krusten gut entfernt werden. Dies ist vor allem mit Lidrandhygiene zu erreichen.
Jeder Lidtumor, der auf das Auge drückt kann zu einer vorübergehenden Verformung des Auges führen, die sich in einer Hornhautverkrümmung bemerkbar macht. Beim Gerstenkorn und Hagelkorn kommt es auf die Größe und Lage an. Vor allem an der Lidkante oder bei großen Hagelkörnern ist dies gegeben. Da die Hornhautverkrümmung nach der Entfernung oder Abheilung wieder nachlässt und in ihren ursprünglichen Zustand zurückgeht, sollte man eine neue Brille erst nach Entfernung des Tumors anpassen.
(Stand 18.04.2024)