Sehfehlerbestimmung und Brillenanpassung:

Der Fachausdruck für die Fähigkeit des Auges das Licht zu brechen und das Bild der Umwelt auf der Netzhaut scharf abzubilden ist Refraktion oder auf Deutsch Brechkraft des Auges. Das was wir umgangsprachlich als Sehfehler bezeichnen ist die Refraktionsanomalie, d.h. eine nicht normale Refraktion. Wird das Bild nicht auf der Netzhaut scharf abgebildet, sehen wir unscharf. Um scharf sehen zu können müssen wir also den Sehfehler ausgleichen (siehe z.B. unter Brillen, Operationen von Sehfehlern oder im Überblick im Kapitel Sehfehler).

Gemessen werden die Sehfehler mit einem Refraktometer. Dies ist ein Gerät, daß wie ein kleiner Diaprojektor in das Auge hineinleuchtet und ein bestimmtes Muster auf dem Augenhintergrund (Netzhaut) abbildet. Dann kann man durch Scharfstellen des Bildes erkennen, wieviel Korrektur man braucht, um den Sehfehler auszugleichen. Dies entspricht der notwendigen Brille. Früher stellte man dies von Hand ein, heute macht das ein Gerät vollautomatisch (siehe unten Patientin bei der Untersuchung). Man nennt es Autorefraktometer.

Autorefraktometer im Einsatz

Diese Messung am Auge nennt man auch objektive Refraktionsbestimmung, d.h. ohne aktive Mitarbeit des Patienten erkennt man seine notwendige Brillenstärke nur nach den Maßen des Auges. (Siehe im unteren Bild die Brillenwerte auf der Anzeige)

Monitor des Refraktometers

Alternativ könnte man den Sehfehler auch so bestimmen, daß man einfach solange Gläser vor das Auge hält, bis der Patient alles scharf sieht. Man spricht dann von subjektiver Refraktionsbestimmung. Dies erfordert eine sehr gute Mitarbeit des Patienten, die vor allem bei Kindern nicht gegeben ist. Um die Sehfehlererkennung zu vereinfachen und zu beschleunigen, wird in der Regel zuerst die objektive Refraktion bestimmt und dann nach Angabe des Patienten das “Feintuning” mit dem Ziel der guten Verträglichkeit der Korrektur durchgeführt.

Brillenstärkenbestimmng

Dies erfolgt entweder mit einer Meßbrille (siehe Bild oben) und dem Einstecken von Gläsern in diese (Klassische Frage: “So besser oder so besser”) oder mit einer Apparatur in die die Gläser eingebaut sind, dem sogenannten Phoropter (siehe unteres Bild).

Phoropter

Grund für die abschließende subjektive Refraktionsbestimmung ist auch, daß die objektive Refraktion nicht immer vom Betroffenen als angenehm empfunden wird. Werden hier Fehler gemacht und ist die Konzentration des Patienten nicht ausreichend, entstehen leicht falsche und dann unverträgliche Brillen.

Kleine Kinder sind leider (im allgemeinen bis dreieinhalb Jahre) aufgrund der fehlenden Mitarbeit nicht mit einem Refraktometer meßbar. Sie halten einfach nicht still genug. Hier kommt dann ein anderes Verfahren der Refraktions- bestimmung zum Tragen, die Skiaskopie. Man leuchtet mit einem speziellen Licht aus einem gewissen Abstand (was ängstliche Kinder eher mitarbeitsbereit macht) in das Auge und kann dann durch Bewegung der Lichtquelle und Beobachtung der Art der Lichtreflexe im Auge erkennen, welche Art von Sehfehler vorliegt. Mit dem Vorhalten verschiedener Gläser kann man dann die objektive Refraktion bestimmen. Da Kinder jedoch sehr schnell in unterschiedliche Entfernungen scharfstellen können muß zusätzlich diese Fähigkeit vorübergehend ausgeschaltet werden. Dafür gibt es spezielle Tropfen, die die Scharfeinstellungsmöglichkeit für einige Zeit lähmen. Man spricht dann von einem Auge in Zykloplegie. Bei kleinen Kindern ist der Sehfehler nur in Zykloplegie genau bestimmbar. Nachteil dieser Tropfen ist die erhöhte Blendungsempfindlichkeit der Kinder solange sie wirken (die Pupille ist ganz weit) und die Tatsache, daß sie meistens brennen. Letzteres führt häufig zu großem “Geschrei” und nachfolgend geringer Bereitschaft noch jemand an dem Auge “fummeln” zu lassen. Die Skiaskopie in Zykloplegie als sogenannter Goldstandard (beste Untersuchungsmethode) ist daher häufig bei Kleinstkindern, die auf gutes Zureden noch nicht hören wollen, nicht in der gewünschten Gründlichkeit durchführbar. Siehe daher auch unter Kinderuntersuchung.

Wie sehen dann die Werte des bestimmten Sehfehlers (Brillenwerte) aus ?

Auf dem Brillenrezept, der Brillenrechnung oder auch dem Brillenpass sind dann mehrere Rubriken. Die erste Rubrik ist der sogenannte sphärische Sehfehler. Das zeigt ob jemand kurzsichtig (Minus davor) oder weitsichtig (Plus davor) ist. Der zweite Wert und dritte Wert (fehlen manchmal) geben das Ausmaß der Hornhautverkrümmung (zweiter Wert) und die Achse (dritter Wert) in der das Glas zur Korrektur gewölbt ist an, um die Hornhautverkrümmung (Astigmatismus), d.h. den astigmatischen Fehler, optisch auszugleichen. Diese Werte werden für jedes Auge extra angegeben. Das sieht dann z.B. so aus: -2,0 sphär./-1,5 bei 102 Grad. Was bedeutet: Das Auge ist 2 Dioptrien kurzsichtig und braucht zur Korrektur seiner Hornhautverkrümmung ein torisches Glas von -1,5 bei einer Achse von 102 Grad. Bei älteren Patienten mit Alterssichtigkeit (Presbyopie) steht als weiterer Wert noch die Addition(z.B. +2,5) dabei, d.h. wie stark muss ich in der Mehrstärkenbrille unten noch etwas hinzufügen, damit die Nähe auch geht. Ganz selten, bei Problemen mit Schielen und Schielneigung, kommten noch 2 weitere Werte hinzu, nämlich das Prisma und seine Achse. Dies drückt aus, in welche Richtung und wie stark muß ich das Licht umlenken, damit man mit beiden Augen “gerade” schauen kann obwohl sie nicht parallel stehen,

Probleme bei der Sehfehlerbestimmung:

Nicht immer ergibt der bestimmte Wert ein gutes Sehvermögen. Seheinschränkungen durch den Grauen Star oder zahlreiche Augenerkrankungen schränken natürlich das Ergebnis ein, das heißt trotz optimaler Brille wird kein volles Sehvermögen erreicht. Benetzungsstörungen der Oberfläche beim Trockenen Auge, Lidtumore und Veränderungen des Lidrandes beeinflussen das Ergebnis stark und sollten ggf. erst behoben werden, bevor die Brille bestimmt wird, da sonst ein falscher Wert resultiert. Vor allem Patienten mit trockenen Augen sollten öfter mal blinzeln während der Anpassung, da sie sonst nicht richtig scharf sehen und ausreichend präzise Aussagen machen können. Wichtig ist aber auch der Zeitpunkt der Sehfehlerbestimmung. Nachdem man den ganzen Tag vor dem Computer gesessen hat, liegt häufig auf Grund eines Krampfzustandes eine vorübergehend stärkere Kurzsichtigkeit vor. Man sollte also die Brille im wachen Zustand, eher morgens bestimmen. Weiterhin führen die Blutzuckerschwankungen beim Diabetiker zu vorübergehenden Änderungen um bis zu 2 Dioptrien. D.h. hier ist eine Bestimmung nur bei guten Blutzuckerwerten sinnvoll. Bei bestimmten Hornhauterkrankungen liegt morgens noch eine Hornhautschwellung (Hornhautödem) vor und man sollte erst am Nachmittag die Brille bestimmen. Es bleibt also einiges zu bedenken bei der Brillenanpassung und selbst psychische Einflüsse können hier Probleme aufwerfen.

(Stand 13.10.2020)