Auf dieser Seite wird erklärt, was man jeweils unter Sehtest, Sehschärfe, Sehvermögen und Augenlicht versteht
Beim sogenannten Sehtest wird die Sehschärfe (s.u.) mittels Sehtafeln überprüft. Man muß entweder in die Ferne (aus praktischen Gründen in 5-6m Entfernung) oder im Leseabstand (ca. 33cm) Zahlen oder Zeichen erkennen. Geprüft wird dies bei einer mittleren Beleuchtung und das Ergebnis zeigt, ob man ohne Brille eine normale Sehschärfe erreicht. Falls dies nicht gelingt, liegt in der Regel ein Sehfehler vor und man versucht - nach der Bestimmung des Sehfehlers - mit der Anpassung von Brillen oder Kontaktlinsen eine normale Sehschärfe zu erreichen. Gelingt auch dies nicht, besteht in der Regel irgendeine Erkrankung oder eine angeborene Schwäche (Amblyopie) des Auges. Dies wird im Rahmen der weiteren augenärztlichen Untersuchung überprüft und ggf. behandelt.
Die Sehschärfe ist die maximale Fähigkeit des Netzhautzentrums (Fovea) zwei Punkte oder Striche mit hohem Kontrastunterschied (schwarz zu weiß), trotz geringstem Abstand zwischen diesen Punkten, noch getrennt (man spricht von Trennschärfe bzw. Auflösungsvermögen) zu erkennen oder praxisnäher, ein schwarzes Zeichen auf weißem Hintergrund von einem anderen zu unterscheiden. Praktisch heist dies z.B., dass ein Normalsichtiger mit voller Sehschärfe auf 5 Meter Entfernung noch 2 Lichtpunkte mit einem Abstand von 1,5mm als gut getrennt wahrnehmen kann. Für geometrisch Interessierte entspricht dies einem Sehwinkel von etwa 1 Winkelminute. Als maximale Leistung beim jungen Menschen werden aber sogar Werte von 0,4 Winkelminuten beobachtet. Da hier aber nur die hochleistungsfähige Mitte der Netzhaut überprüft wird, spricht man auch von zentraler Sehschärfe. Schon direkt neben der Netzhautmitte ist die Auflösung bedeutend geringer. Deswegen fällt die Sehschärfe bei Schäden der Netzhautmitte (Makulopathien) auch so massiv ab.
Beispiele für die Fähigkeit zur Unterscheidung von 2 Punkten bei 100% Sehschärfe:
Muss man nicht 2 Punkte trennen können, sondern einen einzelnen Punkt allein bei maximalem Helligkeitsunterschied erkennen können, kommt man zu dem erstaunlichen Phänomen, daß ein voll leistungsfähiges Auge bei völliger Dunkelheit und Gewöhnung an diese Dunkelheit für mind. 20 Minuten, ein brennendes Streichholz auf 2,6km !! Entfernung erkennen kann. Alle, die noch ihre Grundausbildung bei der Bundeswehr gemacht haben, konnten derartiges mit großem Erstaunen bei der Übung "Sehen und Hören bei Nacht" erleben. Auch wenn wir in Deutschland wohl hoffentlich keinen Krieg mehr erleben müssen, man sollte sich merken, daß Rauchen im Schützengraben ungesund sein kann.
Zur Messung der Sehschärfe werden bei Erwachsenen sogenannte Sehtafeln verwendet, auf denen Zahlen, E- Haken oder die für genaue Prüfungen (z.B. Führerscheinsehtest, Gutachten) vorgeschriebenen Landoltringe abgebildet sind (siehe Bilder unten).
Oben normale Sehtafel mit Zahlen und unten Sehtafel mit E-Haken und Landoltringen, bei denen man immer angeben muß wo die Öffnung des Kreises liegt.
Je kleiner das erkannte Zeichen, desto besser die Sehschärfe bzw. der Visus wie er auch genannt wird. Als Norm entspricht 1,0 dabei vereinfacht 100% bzw. einer Trennschärfe von einer Winkelminute und damit der sogenannten normalen vollen Sehschärfe und 0,5 z.B., ist halt nur 50% Sehschärfe. 100 Prozent bedeuten allerdings nicht, dass es sich dabei um die maximal mögliche Sehschärfe handelt. Bei jungen Menschen gelten deutlich höhere Werte als normal. 125% wird beim jungen Menschen und fehlendem Sehfehler immer erreicht und bis zu 200 Prozent (2,0) sind möglich aber selten. Beim älteren Menschen wird trotz fehlendem Sehfehler nur selten 1,0 erreicht. Bei Kleinkindern ist die Sehschärfe noch nicht voll entwickelt und müssen auch andere Testverfahren angewendet werden (s.a. Kapitel: Die Kinderuntersuchung ).
Die Sache wird noch komplizierter, da man die sogenannte Tagessehschärfe von der Fähigkeit in der Dämmerung zu sehen (Dämmerungssehschärfe) und vom Sehen bei Dunkelheit unterscheiden muß. Durch Anpassungsvorgänge des Auges auf den geringen Lichteinfall werden die Gegenstände in der Dämmerung unschärfer und grauer bis man schließlich im Dunkeln nur noch Grautöne und keine Farben mehr erkennen kann. Die Sehschärfe fällt in der Dämmerung auf ungefähr die Hälfte (0,5) und in der Dunkelheit auf 10% (0,1) der Tagessehschärfe ab. Vergleiche hierzu auch die Kapitel Anforderungen im Strassenverkehr) und Sehprobleme in der Dämmerung. Beim normalen Sehtest wird jedoch nur die Tagessehschärfe überprüft. Was dabei auch nicht überprüft wird, ist das Kontrastsehen, daß heißt die Fähigkeit nur gering unterschiedliche Grautöne zu unterscheiden. Dies ist z.B. beim Fahren im Nebel sehr wichtig und so kann beim Grauen Star die Fahrtüchtigkeit schon stark einschränkt sein, obwohl die (Tages-)Sehschärfe noch gut ist. Wir haben also im Sehtest eine gute Sehschärfe, erkennen aber im Alltag Dinge trotzdem schlecht, weil sie sich für uns kaum von der Umgebung abheben. Für eine genauere Überprüfung des Sehens ist also eigentlich neben dem Sehtest, auch ein Kontrastsehtest notwendig.
Bei Neugeborenen und Kleinkindern ist noch keine volle Sehschärfe vorhanden und muß sich noch entwickeln. Erst mit ca. 10 Jahren ist hier die volle Leistungsfähigkeit erreicht. Dies bedeutet nicht, daß das Auge diese Auflösung bis dahin nicht leistet, sondern das Sehzentrum verbessert seine Leistungsfähigkeit bis dahin noch (s.a. Sehvorgang).
Unterschieden werden muss auch die Sehschärfe des einzelnen Auges von der beim beidäugigen Sehen (binokulare Sehschärfe). Die Informationen beider Augen werden nämlich im Gehirn zusammen ausgewertet, so dass zwei gleich gute Augen, zusammen noch etwas mehr sehen. Liegt Schielen vor, das heißt die Augen schauen nicht genau gleich auf den gleichen Gegenstand, gibt es kein binokulares Sehen. Ist ein Auge deutlich schlechter, fällt dies häufig erst bei einem Sehtest der einzelnen Augen auf, da das Gehirn im Rahmen des Sehvorgangs, sich das beste Bild herausgesucht hat. Dem Patienten ist oft Jahre nicht bewusst, dass ein Auge deutlich schlechter ist, bis dies beim Augenarzt auffällt oder er sich bei der spannenden Szene im Krimi das juckende gute Auge reibt, nichts richtiges sieht und entsetzt als "Notfall" in der Klinik auftaucht. So funktioniert das aber hauptsächlich wenn das "führende Auge" das gute Auge ist, da das nicht führende Auge leichter ausgeblendet wird. Ist das führende Auge beschädigt, kann dies mehr stören und das "gute Bild" des anderen Auges das Gesamtbild beider Augen eher verschlechtern. Das "führende Auge" ist wie bei der Rechts- oder Linkshändigkeit, das hauptverwendete Auge. Es gibt also auch "Rechts- und Linksäugigkeit".
Unter dem Sehvermögen versteht man die Gesamtleistung des Sehorgans, also des Auges und der zugehörigen Zentren im Gehirn. Dies beinhaltet nicht nur die zentrale Sehschärfe (s.o.) - die man vom Sehtest her gewohnt ist - sondern auch das Sehen bei Dämmerung und im Dunkeln, das Gesichtsfeld, die Zusammenarbeit der Augen (beim Schielen gestört), das Farbensehen, das Kontrastsehen und das räumliche Sehen bzw. 3D-Sehen. Weiterhin gehört bei verwirrenden Seheindrücken auch noch die Fähigkeit dazu, Dinge (wieder) zu erkennen, d.h. im Sehzentrum dem Ganzen einen Namen geben zu können und es einordnen zu können. All diese Teilleistungen können gestört sein und das Sehvermögen behindern. Was nützt mir z.B. 100% Sehschärfe, wenn ich aufgrund eines Schlaganfalls oder einer Demenz, die Gegenstände nicht wiedererkennen bzw. benennen kann ? Vergleiche auch Sehvermögen unter Autofahren und Augenleistungsfähigkeit bzw siehe unter Der Sehvorgang.. Ein gutes Sehvermögen bedeutet nicht nur Selbständigkeit und Lebensqualität, sondern ermöglicht auch ausreichende Informationsaufnahme aus der Umwelt, um sich in der Jugend geistig weiter zu entwickeln und im Alter bei möglicherweise beginnender Demenz, den Abbauprozeß durch Anregung zu verlangsamen. Weiterhin ist es natürlich wichtig für die Orientierung im Raum und die Trittsicherheit. Im höheren Alter nimmt die Sturzgefahr und zusätzlich das Risiko von Knochenbrüchen mit abnehmendem Sehvermögen stark zu. Interessanterweise nimmt die Sturzgefahr auch überproportional zu, wenn das Sehvermögen subjektiv als schlecht empfunden wird, obwohl es bei anderen selbstbewussteren Menschen mit gleichem Sehvermögen noch gar kein Problem darstellt.
Das Augenlicht ist ein altmodischer Begriff für das Sehvermögen bzw. die Sehfähigkeit als Gesamtheit der Leistungen des Sehsystems. Er kommt daher, daß man früher glaubte, die Augen würden den Blick, wie Strahlen aussenden um die Umgebung zu "erleuchten" und zu erfassen. Der Verlust des Augenlichtes” entsprach der Erblindung.
Symbolbild Augenlicht: depositphotos.com
Zwei schwache Sterne des Sternbildes Großer Wagen dienten in der Antike als Sehtest. Wer zur Zeit der frühen Römer lebte und sie sehen konnte, war berechtigt, als Bogenschütze in der römischen Armee zu dienen.
Eher humorvoll als ernst gemeint ist dieser Test
(Stand 15.07.2024)