Ursprünglich (ab 1948) wurde “Plexiglas” (PMMA) verwendet das zwar total robust, langlebig und preiswert aber auch völlig sauerstoffundurchlässig war. Der gesunde Zustand der Hornhaut ist jedoch von einer sehr guten Sauerstoffversorgung abhängig. Daher wurden später harte gasdurchlässige Kontaktlinsen produziert, die heute ausschließlich im Bereich der harten Kontaktlinsen verwendet werden. Diese bestehen aus CAB, Silikonakrylaten, reinem Silikon oder Fluorkarbonen. Sie verschmutzen etwas leichter, sind aber deutlich besser verträglich.
Weiche Kontaktlinsen sind aus Bequemlichkeitsgründen (angenehmes Tragen, fallen nicht raus beim Sport, leicht anzupassen, Tragedauer nach Wunsch variierbar) die inzwischen am weitesten verbreiteten Linsen und manche Hersteller verlassen daher auch schon die Produktion harter Linsen. Für den Laien sehr unübersichtlich und verwirrend sind die zahlreichen Materialien mit den von der Industrie geschickt beworbenen Eigenschaften. Begriffe wie hohe Sauerstoffdurchlässigkeit, hoher Wassergehalt und Dauertrageeigenschaften geistern durch die Beschreibung der Produkte und ihre Bedeutung ist dem Anwender häufig nicht wirklich verständlich. Da sich manche der Eigenschaften gegenseitig ausschließen und vom Hersteller dann Kompromisse eingegangen werden müssen, gibt es die "ideale Linse für jeden" nicht. Ein erfahrender Kontaktlinsenanpasser, der die Schwächen des jeweiligen Auges bei seiner Entscheidung berücksichtigt, kann hier jedoch die notwendige Hilfe geben.
Zum besseren Verständnis, der geheimnisvollen kleingedruckten Materialbezeichnung hinter dem Produktnamen Ihrer Linse, im folgenden eine Einführung. Generell kann man sagen, eine weiche Kontaktlinse sollte gut sitzen (nicht zu beweglich aber auch nicht zu fest), sehr gut benetzbar (gleichmäßige Flüssigkeitsschicht auf der Oberfläche), hoch sauerstoffdurchlässig, weich und anschmiegsam und letztendlich gut verträglich und komfortabel sein. Dafür ist dann nicht nur das Material, sondern auch die Form der Linse von entscheidender Bedeutung. Nicht jedes Linsendesign passt jedem. Hier ist erneut der erfahrene Kontaktlinsenanpasser gefragt, der die Augenoberfläche (Hornhautradius, Hornhautdurchmesser etc.) genau vermessen und die Gebrauchssituation und ggf. Erkrankungen berücksichtigen muß.
In den 70er Jahren wurden die weichen Hydrogellinsen mit dem Material Polymacon eingeführt und traten damals zu den bisher ausschließlich verwendeten harten Kontaktlinsen in Konkurrenz. Seitdem hat es im Bereich der Hydrogellinsen zahlreiche weitere Enwicklungen gegeben bei denen verschiedene Materialien gemischt wurden, um ihre Vorteile zu kombinieren. Mit z.B. den Materialien Methafilcon, Etafilcon, Hioxifilcon A (G5X), Hioxifilcon D (G4X), Lidofilcon, G72HW und Ultra G wurde dann deutlich verbesserte Trageeigenschaften erreicht. Hintergrund war, dass das Polymacon sehr wenig sauerstoffdurchlässig war und es bei längerem Tragen zu einem Anschwellen der Hornhaut mit weiteren Folgeproblemen aufgrund des Sauerstoffmangels kommen konnte. Die Hornhaut braucht nämlich den Sauerstoff in der Luft und die Kontaktlinse ist da sozusagen "im Weg". Die Sauerstoffdurchlässigkeit der Linse auf dem Auge wird in Dk/t gemessen. Je höher der Wert, desto sauerstoffdurchlässiger. Vereinfacht kann man sagen: Eine tagsüber getragene weiche Hydrogellinse sollte einen Dk/t von mindestens 20 haben um gut verträglich zu sein.“
Je dünner und wasserhaltiger eine Hydrogellinse ist, desto sauerstoffdurchlässiger ist sie. Leider wird sie dadurch auch zerbrechlicher, weniger stabil ("schlabbrig" beim Anfassen) und die Flüssigkeit in der Linse verdunstet leichter, was zu Austrocknung und Oberflächenverletzungen des Auges führen kann. Insofern ist ein hoher Wassergehalt der Hydrogellinse zwar schön für die Sauerstoffdurchlässigkeit, aber teilweise schlecht für den Komfort und vor allem für trockene Augen nicht gut. Zur Ehrenrettung der höher wasserhaltigen Materialien muß aber gesagt werden, dass der Wasserverlust durch Verdunstung sehr unterschiedlich ist.
Um die Sauerstoffdurchlässigkeit weiter zu erhöhen, ohne die Beschränkungen und Probleme mit dem Wassergehalt zu haben, erinnerte man sich in den 80er Jahren, dass Silikon einer der sauerstoffdurchlässigsten Stoffe ist, die es überhaupt gibt. Leider ist Silikon praktisch nicht benetzbar d.h. es hat eine trockene Oberfläche und ist auch sehr steif. Damit es auf dem Auge nicht zu sehr "rubbelt" wurde es zunächst mit einer wasserfreundlichen Beschichtung versehen und erst in den 90er Jahren wurde eine "Kreuzung" entwickelt, die sogenannten Silikonhydrogele. Hier war es auf einmal so, dass ein niedriger Wassergehalt die Sauerstoffdurchlässigkeit förderte. Der niedrige Wassergehalt führte auch zu geringerer Verdunstung und machte sich vor allem an trockenen Augen positiv bemerkbar. Leider wurden die Linsen auch um so steifer und unkomfortabler am Auge, je niedriger der Wassergehalt wurde. Auch die Oberflächen mussten - trotz materialbedingt verbesserter Befeuchtung als beim reinen Silikon - teilweise noch zusätzlich durch spezielle Oberflächenbehandlung glitschiger“ gemacht werden. Deswegen stellen Patienten, die vorher die bequemen Hydrogellinsen getragen haben und aufgrund von Problemen mit der Sauerstoffdurchlässigkeit auf Silikonhydrogellinsen wechseln mussten häufig fest, daß diese Linsen irgendwie nicht so angenehm sind. Um sie weicher zu machen, wurden sie dann sehr dünn hergestellt, was aber das Risiko von Rissen im Handling und das Handling generell erschwerte. Die Augenoberfläche “freut” sich jedoch auf jeden Fall über die bessere Sauerstoffversorgung.
Mit den neuen Materialien wurden Sauerstoffdurchlässigkeitswerte von über 100 erreicht, was prinzipiell ein Tragen auch über Nacht bzw. ein Dauertragen für eine Woche oder gar einen Monat ( 30-Tagelinse, nicht zu verwechseln mit der Monatslinse ! Letztere ist nur eine Tageslinse, die 30 mal, also einen Monat eingesetzt wird) ermöglicht. Die Materialien heißen hier Balafilcon A, Lotrafilcon A, Lotrafilcon B und Senofilcon. Zwei Linsen sind für das "30-Tage und Nächte Tragen" zugelassen. Dies sind die "Pure Vision" von Bausch und Lomb und die "Focus Night and Day" von Ciba Vision. Definiert wurde ein Wert von mindestens 87, damit nachts keine Hornhautschwellung auftritt und von mindestens 125, damit das nächtliche Tragen keinen Hinweis auf eine Belastung der Hornhaut gegenüber einem Auge das keine Linse trägt ergibt. Die Sauerstoffversorgung der Hornhaut ist jedoch nicht das einzige Kriterium für ein Tragen über Nacht. Die augenärztliche Praxis hat gezeigt, dass das Dauertragen allerhand Probleme von der Augenoberfläche her (z.B. Reibung durch fehlende nächtliche Tränenproduktion) und in Form von gehäuften Infektionen nach sich zieht. Viele Dauertragelinsenträger nutzen ihre Linsen aus Komfortgründen daher nur ausnahmsweise über Nacht und tragen die Linsen nur tagsüber.
Leider kann man jedoch nicht so einfach sagen, dass die Silikonhydrogellinsen aufgrund ihrer hohen Sauerstoffdurchlässigkeit, die besten Linsen für alle Gelegenheiten sind.
Wenn die Linsen auch über Nacht getragen werden sollen, gibt es keine Alternative zur Silikonhydrogellinse. Hier sollte man sich bei eher trockenen Augen für eine Linse mit geringem Wassergehalt und bei Komfortproblemen durch die hier höhere Steifigkeit eher für eine weichere mit höherem Wassergehalt entscheiden.
Zum ausschließlichen Tagestragen ist eine hochsauerstoffdurchlässige Hydrogellinse (z.B. aus Hioxifilcon A oder G72HW) aufgrund ihrer besseren Oberflächeneigenschaften verträglicher und schonender als die Silikonhydrogellinse. Studien haben bei Silikonhydrogelen im reinen Tagestragen aufgrund der größeren Steifigkeit und nicht so gut benetzten Oberfläche ein deutliche höheres Risiko für oberflächliche Entzündungen und Schäden der Hornhaut ergeben.
Eher ungeeignet für die Verwendung einer Dauertrage(30-Tage)linse sind auch Raucher, Patienten mit trockenen Augen und solche mit dauerhaften Lidrandentzündungen bei einem geringen Fettanteil im Tränenfilm.
Eine ausgeprägte Sauerstoffmangelsymptomatik der Hornhaut wiederum, kann ein Argument für die Silikonhydrogellinse zum reinen Tagesgebrauch sein.
Es ist also schwer und man muß sich auf die Erfahrung des Kontaktlinsenanpassers verlassen. Hilfreich für ihn ist es, wenn sie alle Ihnen bekannten Augenprobleme und die Alltagssituation beschreiben.
(Stand 26.01.2020)