Neben den äußeren Tumoren auf den Lidern oder z.B. der Bindehaut gibt es auch Tumore (Gewebswucherungen) im Augapfel selbst.
Entweder handelt es sich um einen Sekundärtumor d.h. er entsteht als Tochtergeschwulst (Metastase) z.B. über das Blut von einem Haupttumor her (am häufigsten bei Männern der Bronchialkrebs und bei Frauen der Brustkrebs, weiterhin unabhängig vom Geschlecht Tumore des Bauchraums und der Nieren) ODER er entsteht von vornherein im Auge selbst, dann spricht man von einem Primärtumor. Die häufigsten primären bösartigen Tumore im Auge sind das Aderhautmelanom und das Retinoblastom.
Mit einer Häufigkeit von 400-500 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland ist das Aderhautmelanom der häufigste bösartige Primärtumor beim Erwachsenen im Auge. Siehe auch den grauen Bereich im Beispielsbild unten und vergleiche dieses Bild mit einer normal aussehenden Netzhaut. Meist tritt es ab dem 50. Lebensjahr auf, mit einer besonderen Häufung um das 70. Lebensjahr. Farbstoffhaltige Zellen (Melanozyten) in der Aderhaut des Auges (vergl. Bestandteile des Auges und ihrer Funktion) entarten und es kommt zu einem bösartigen Gewebswachstum (Tumor) dem Aderhautmelanom. Die Ursache ist nicht genau bekannt aber man vermutet, daß UV-Strahlung und eine geringe Ausstattung mit Pigmenten (Farbstoffen die Strahlung “aufsaugen”) förderlich ist. Hellhäutige sind z.B. 150-mal häufiger betroffen.
Von draußen, durch Betrachten des Auges nicht, aber z.B. durch Sehverschlechterung und das Sehen von großen unbeweglichen Schatten in der Seite des Gesichtsfeldes. Dies sind allerdings Symptome, die aus vielen anderen - auch durchaus weit harmloseren - Gründen auftreten können. Leider selten nur durch Schmerzen, wenn z.B. ein Grüner Star daraus entsteht, da es sonst vielleicht früher auffallen würde. Ungünstigerweise ist der Tumor - wenn dem Patienten schon Veränderungen auffallen - daher meist schon recht groß. Häufig ist die Entdeckung ein Zufallsbefund im Rahmen einer Netzhautuntersuchung, da die Symptome sehr spät auftreten und auch nicht typisch sind, sondern viele andere Gründe haben können. Weitere wichtige Untersuchungen zur Bestätigung sind der Ultraschall und die Angiographie. Keine dieser Untersuchungen ist 100% beweisend ! Zusammen ergeben sie jedoch eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß es sich um ein Aderhautmelanom handelt.
Wenn er nicht schon zu groß ist (wird mit Ultraschall vermessen), wird er durch örtliche Bestrahlung behandelt. Dabei wird ein radioaktives Plättchen an der betroffenen Stelle auf das Auge genäht (natürlich mit Betäubung), für einige Tage dort belassen und dann wieder entfernt. Dies kann so gut wie jede Uniklinik durchführen.
Überschreitet er eine bestimmte Größe wird von aussen mit Protonen bestrahlt und ggf. zusätzlich der Tumor unter Erhalt des Auges operativ entfernt. Dies ist nur in wenigen Zentren in Deutschland möglich.
Ist er auch dafür zu groß oder zeigen die Behandlungen keine Wirkung, bleibt nur die Entfernung des ganzen Auges (Enukleation, s.a. unten unter Kunstauge).
Relativ neu ist das Cyber-Knife. Hier wird statt der Entfernung auch bei größeren Tumoren eine Bestrahlung mit Photonen durchgeführt, die aufgrund der Verwendung eines Roboterarms sehr präzise in das Zielgebiet gebracht werden kann.
Generell wird auch nach der Behandlung ein regelmäßiger Ganzkörpercheckup (z.B. Ultraschall der Leber) durchgeführt, um Tochtergeschwülste auszuschliessen. Der Augentumor kann allerdings selten auch selbst eine Tochtergeschwulst eines Melanoms an anderer Stelle des Körpers sein ! Daher ist einen Ganzkörperuntersuchung immer notwendig.
Obwohl das Melanom der Aderhaut im Prinzip der gleiche bösartige Tumor ist wie das hochgefährliche Melanom der Haut (“schwarzer Krebs”), sind hier die Aussichten zunächst deutlich besser. Grund ist die stabile Hülle des Auges, die Lederhaut (Sklera). Es dauert lange bis der Tumor hier durchkommt und Tochtergeschwülste setzt. Deswegen kann man es bei sehr alten Patienten durchaus vertreten - wenn kein besonderes Wachstum bei den Kontrollen sichtbar ist - einfach abzuwarten. Beim jüngeren Patienten wird immer behandelt. Bei rechtzeitiger Entdeckung und einer nicht ganz so bösartigen Variante (es gibt da verschiedene histologische d.h. unter dem Mikroskop zu unterscheidende Sorten) ist der Tumor gut zu stoppen. Heutzutage kann man bereits vor einer eingreifenden Therapie durch Probenentnahme überprüfen, um welche genetische Variante es sich handelt. Leider gibt es neben der deutlich harmloseren Variante (Disomy 3) auch eine andere (Monosomy 3), die in fast allen Fällen durch Tochtergeschwülste (Metastasen) zum Tode führt. Eine neue Immuntherapie koppelt Immunzellen direkt an die Krebszellen, die so gezielt vernichtet werden können. Dies verlängert die Überlebenszeit aber nur um mehrere Monate. Ist der Tumor einmal metastasiert (meist in die Leber), ist er leider die schlechtere "Wahl" im Vergleich zum Hautmelanom. Letzteres metastasiert zwar viel schneller aber spricht sehr gut auf konventionelle Immuntherapien (Immun-Checkpoint-Inhibitoren) an, die bei den Metastasen des Aderhautmelanoms nicht wirken. Im Mittel (je nach Typ des Melanoms) kann man sagen, daß aufgrund der Metastasen, etwa zwei von fünf aller Patienten mit Aderhautmelanom, ihrer Krankheit langfristig erliegen. Sehr wichtig ist also, daß frühe Entdecken, daß bei der normalen augenärztlichen Untersuchung mit der Spaltlampe aber leider nicht gegeben ist. Insofern ist eine gelegentliche Netzhautspiegelung generell eine sinnvolle Sache.
Mit dem Aderhautnävus, quasi dem "Leberfleck" oder dem gutartigen "Muttermal" - wie so etwas im Volksmund genannt wird - im Auge. Im unteren Bild erkennt man den bräunlichen Fleck auf der rechten Seite. Der Aderhautnävus ist harmlos, schränkt die Sehfähigkeit nicht ein und wächst im allgemeinen nicht. Er sollte aber durch regelmäßige Netzhautspiegelung beobachtet werden und wenn sich hier Veränderungen zeigen, genauer untersucht werden. Manchmal lässt er sich durch blosses Anschauen nur schwer von einem Aderhautmelanom unterscheiden.
Ja, es gibt das Irismelanom, ein braunschwarzer bösartiger Tumor auf der Iris. Er ist gut "von draussen" zu erkennen aber manchmal schwer von einem ausgeprägten gutartigen "Leberfleck" auf der Iris (Irisnävus, s. Bild unten) zu unterscheiden.
Verdächtige Befunde fallen glücklicherweise bei augenärztlichen Routinekontrollen mit der Spaltlampe gut auf oder wenn der Patient bzw. seine Umgebung iritiert ist, durch den braunen Fleck auf der Iris. Das Problem bein Irismelanom ist jedoch, daß es aufgrund seines sehr langsamen Wachstums häufig dem Patienten selbst nicht auffällt ("der Fleck war doch immer schon da") und es auch nicht immer so typisch aussieht, dass man sofort eine Therapie einleitet. Häufig gibt erst eine kleine operative Probenentnahme (Biopsie) Auskunft, ob es gutartig oder bösartig ist. Ist dies einmal geklärt, besteht die Therapie in der Regel aus dem Herausschneiden des Tumors aus der Iris. Diese hat dann zwar einen Defekt und die Pupille ist nicht mehr rund (s.Bild unten) aber das Auge bleibt erhalten.
Je nach Größe muss das fehlende Irisstück nicht stören. Wenn trotzdem ein kosmetisch unerfreulicher Befund oder massive Blendungsempfindlichkeit bestehen, kann mit einer künstlichen Linse im Auge, die entsprechend der restlichen Iris bemalt ist, eine kosmetisch und optisch gute Situation geschaffen werden.
Hier handelt es sich um den zweithäufigsten im Auge entstehenden bösartigen Tumor. Im Kindesalter ist er sogar der häufigste. Er tritt aber insgesamt selten, nämlich bei einer von 20.000 Geburten auf. In den meisten Fällen wird er bis zum 3. Lebensjahr entdeckt und tritt fast nie nach dem 5. Lebensjahr auf. Man nennt ihn deswegen auch kindlichen Augentumor. In 45 % der Fälle ist er vererbt worden und tritt dann meist beiseits mit mehreren Tumoren auf. Aufgrund der Vererbbarkeit haben Kinder eines an Retinoblastom erkrankten und erfolgreich behandelten Patienten ein Risiko von 50% auch an einem Retinoblastom zu erkranken. Bei den 55% nicht vererbten Fällen tritt der Tumor in der Regel nur einseitig auf.
Das häufigste Anzeichen ist die eine (meist nur teilweise) weiße Pupille beim Kleinkind, wie auf dem Bild unten. Aber keine Angst hier kann es sich auch um einen angeborenen Grauen Star handeln. Dann ist allerdings eher die komplette Pupille weiß. Weiterhin verdächtig ist plötzliches einseitiges Schielen. Der Augenarzt kann vor allem durch die Netzhautuntersuchung und den Ultraschall den Verdacht bestätigen oder ausschließen.
Bei früher Entdeckung kann durch Chemotherapie und Bestrahlungen in 97% der Fälle das Auge erhalten bleiben.. Bei zu später Entdeckung hilft häufig nur die Entfernung des Auges (Enukleation). Um so tragischer sind die erblichen Fälle, bei denen dann meist beide Augen betroffen sind. Trotzdem ist hier Konsequenz alles, da bei zu später Operation die Todesrate sehr hoch wird. Unbehandelt ist das Retinoblastom fast immer tödlich aber mit den heutigen Therapiemöglichkeiten (örtliche Therapie, Strahlentherapie, Chemotherapie und/oder Enukleation) überleben 95% der Kinder. Die Augen- und Kinderklinik der Universität Essen hat sehr gute Erfolge mit einer speziellen Mischung bei der Chemotherapie (sogenanntes “Essener Protokoll”), die häufig ohne zusätzliche Bestrahlung auskommt und auch nur geringe Nebenwirkungen hat. Hier muß nur ganz selten ein Auge entfernt werden.
Oh ja, sie sind aber so selten, daß sie in diesem Rahmen nicht aufgezählt werden. Es gibt auch noch Tumore hinter dem Auge, die nur mit Ultraschall und Kernspintomographie dargestellt werden können. Sie fallen u.a. durch Hervortreten des Auges, zunehmendes Schielen oder Gesichtsfeldausfälle durch Druck auf den Sehnerven auf.
Beispiel für bösartigen Aderhautumor. Beim Leuchten in die Pupille sieht man in diesem Fall deutlich die verstärkten Blutgefäße an der Oberfläche des bis hinter die Pupille reichenden Tumors. Normalerweise kann man so keine Blutgefäße der Netzhaut erkennen.
Nach Entfernung eines Auges z.B. wegen eines bösartigen Tumors, angeborenen Fehlbildungen oder bei stark beschädigten geschrumpften Augen (z.B. nach Verletzungen), die aufgrund nichttherapierbarer Schmerzhaftigkeit entfernt werden müssen, besteht ein großes kosmetisches Problem für den betroffenen Patienten. Da man seinem Gegenüber zunächst immer in die Augen schaut, kann dies sensiblere Personen erschrecken und man fühlt sich selbst auch unsicher und abgelehnt. In Deutschland müssen jährlich etwa 2000 Augen aus oben genannten Gründen entfernt werden. Haupturache sind Verletzungen und Tumore. Die Enternung ist immer die letzte Möglichkeit, häufig nach zahlreichen Voroperationen und einer langen Leidensgeschichte. Glücklicherweise gibt es den Beruf des Ocularisten, eines spezialisierten Glasbläsers, der täuschend echte Glasaugen/Kunstaugen nach dem Vorbild des anderen Auges anfertigt (Bild unten) und so wenigstens ein unauffälliges Äußeres wieder herstellen kann. Das besondere an den meist verwendeten Glasprothesen ist ihr natürlicher Glanz, der bei Kunststoffprothesen, wie sie in anderen Ländern teilweise ausschließlich verwendet werden, nicht erzielbar ist. Es gibt jedoch auch Fälle wo eine Kunststoffprothese sinnvoller ist.
Bei einer Komplettentfernung des Augapfels, der sogenannten Enukleation mit Erhalt der Augenmuskeln, kann man sogar durch eine spezielle in die Augenhöhle eingenähte kugelförmige Prothese aus Hydroxylapatit, an der dann die Muskeln befestigt werden können, dafür sorgen, dass sich das künstliche Auge bewegt und so kaum auffällt. Das Kunstauge wird dann wie eine Schale (s. Bild oben) vor die eingepflanzte Kugel in der Augenhöhle gesetzt. Unten Bild einer älteren Patientin, die vor 2 Monaten ein Auge entfernt bekam und jetzt ein frisches "Glasauge" hat. Man tut sich schwer zu sagen, welches künstlich ist. Der Seitenunterschied mit den verschiedenen Augenbrauenhöhen in diesem Fall, hat übrigens nichts mit dem Auge zu tun, sondern hat andere Gründe.
Im weiteren Verlauf bearf es regelmäßiger Kontrollen und gegebenenfalls neue Anpassungen, da sich die Augenhöhle ohne ein lebendes Auge ständig verändert. Es ist ein wenig wie bei einem künstlichen Gebiß. Die Wundhöhle muß gepflegt werden. Bei bis zu 60% der Betroffenen gibt es trockenheitsbedingte Reizerscheinungen („Dry Anophtalmic Socket Syndrome“ = DASS), die bei fehlender Achtsamkeit zur Unmöglichkeit des weiteren Tragens einer Augenprothese führen können. Die Kontrollen, das Glasauge und die regelmäßige Erneuerung werden von der Krankenkasse bezahlt. Nach einem Jahr ist es oberflächlich verschlissen und muß neu angefertigt und angepaßt werden. Manchmal muss es auch vorher neu angepasst werden, weil es nicht mehr optimal sitzt. Kunststoffaugen halten 4-5 Jahre, müssen aber jährlich poliert werden. Seit kurzem wird mit im 3D-Drucker hergestellten Prothesen experimentiert, dies ist aber noch nicht Routine und noch im Versuchsstadium. Hierbei wird mit einem 3D-Scan die betroffene Augenhöhle vermessen und das andere Auge farbkalibriert photographiert und anschließend in einem speziellen Drucker das Kunstauge hergestellt. Dies würde die Anfertigung des neuen Auges beschleunigen.
Ist der Augapfel noch vorhanden aber das Auge blind und aufgrund krankhafter oder verletzungsbedingter Veränderungen sehr häßlich, kann man auch eine Skleralschale davorsetzen. Diese wird genauso wie das Auge gefertigt, ist jedoch sehr flach und wird unter die Lider und vor den Augapfel geklemmt, so dass ein natürlicher Ausdruck entsteht.
Insgesamt gibt es hier diverse Möglichkeiten kosmetisch zu helfen und die Ocularisten verfügen da über viel Erfahrung und ein breites Spektrum.
Infos der Uniklinik Essen u.a. über das Aderhautmelanom und das Retinoblastom
Charité über die Protonenbestrahlung
Video über die Glasaugenherstellung
(Stand 13.10.2024)