Jede deutliche - nicht nur kurzfristige - Sehverschlechterung, insbesondere eine plötzlich auftretende und/oder bleibende, ist immer ein Grund den Augenarzt aufzusuchen.
Bei langsamer Verschlechterung der Sehschärfe wird zumindest in jüngeren Jahren meist nur eine neue Brille benötigt. Dies ist die häufigste und harmlose Ursache aber leider nicht die Einzige.
Es gibt auch Phänomene, die zu einer plötzlichen aber nicht dauerhaften Veränderung der Brillenstärke führen. Hier ist Vorsicht geboten, wenn man in diesem Zustand eine - dann falsche - Brille anpaßt.
Ursache können sein Blutzuckerschwankungen (bereits leichte führen zu Schwankungen von 1/3 Dioptrien und Entgleisungen können 1,5 Dioptrien in den Plusbereich bewirken), Schwangerschaft (hormonell bedingte Schwankungen von 1 Dioptrien) oder Naheinstellungskrämpfe (Akkommodationskrampf -> scheinbare Kurzsichtigkeit nach langer Naharbeit vor dem PC z.B.).
Ursachen von kurzfristigen Sehverschlechterungen ohne Änderung der Brillenstärke eher harmloser Natur sind, ein niedriger Blutdruck oder ein Trockenes Auge mit einem schlechten Tränenfilm. Wobei letzteres auch gerade bei jungen Patienten, vor allem denen mit viel Bildschirmarbeit vorkommt. Wird das Sehen durch starkes Blinzeln vorübergehend besser, handelt es sich meist um ein Trockenes Auge und nicht um ein Blutdruckproblem. Weiterhin kann nach längerer Naharbeit die Naheinstellung kurzfristig ermüden und man sieht plötzlich kurzzeitig nah alles unscharf und in der Ferne weiterhin alles scharf. Dies liegt daran, daß ein normales Auge ohne Sehfehler ohne zusätzliche Anstrengung (Akkommodation) nur in die Ferne sieht. Für die Nähe muß ein kleiner Muskel im Ziliarkörper arbeiten und der kann auch mal kurzfristig erschlaffen. Glaskörpertrübungen bewirken wie alle Trübungen in der Sehachse natürlich auch eine Sehverschlechterung. Gelegentlich kommt es übrigens bei der Einnahme von Sildenafil (z.B. Viagra) zu vorübergehenem Verschwommensehen, das aber nach Abklingen der Hauptwirkung auch wieder verschwindet. Nicht zu vergessen führt das Brillenbeschlagen in feuchten Räumen und seit Corona beim Maskentragen zu Verschwommensehen. Wenn Kontaktlinsen keine Alternative sein können, hilft hier nur ein nach oben dichter Abschluß der Maske (z.B. kleiner eingearbeiteter Draht), der Sitz des Brillengestells auf der Maske, um sie noch besser anzudrücken und Ausatmungsluft von der Glasoberfläche besser abzuhalten, sowie gegebenenfalls zusätzlich ein Antibeschlagtuch für die Brille. Man muss leider sagen, daß zahlreiche Maskenfabrikate nach oben nicht wirklich dicht zu bekommen sind. Man muss hier ein bißchen vergleichen. Es ist wie beim Schuhkauf, die richtige Größe garantiert da auch keinen bequemen Sitz.
Vor allem im höheren Alter kommen dann schon weitaus mehr Ursachen in Frage. Vor allem bei plötzlicher Sehverschlechterung ist meist eine krankhafte Veränderung im Spiel. Eher unproblematisch sind die Veränderungen nach Operationen in der Heilungsphase (z.B. durch ein Hornhautödem) oder nach einer Operation des Grauen Stars, der später nicht selten auftretende Nachstar.
Zahlreiche Veränderungen (z.B. Netzhautablösungen, Entzündungen wie z.B. die Aderhautentzündung, Gefäßverschlüsse wie z.B. Thrombosen, Hornhauterkrankungen, Blutungen bei der Zuckerkrankheit oder der feuchten Makulopathie, Schlaganfälle, Sehnervenerkrankungen etc.) können jedoch auch ein eiliges Eingreifen notwendig machen, um schwerwiegende Dauerschäden zu verhüten.
Unter den eher langsam auftretenden Veränderungen im höheren Alter sind eineseits die normalen Altersveränderungen durch Abbauprozesse oder so harmlose Erkrankungen wie der Graue Star, aber auch bedrohliche, wie der Grüne Star, die Makulopathie oder Gesichtsfeldeinschränkungen durch Hirntumore zu erwähnen.
Meistens schleichend aber auch mal zu kurzfristigen Verschlechterungen können zahlreiche Medikamente aufgrund ihrer giftigen (toxischen) Nebenwirkungen führen. Bei bestimmten Medikamenten ist deswegen während der dauerhaften Gabe eine regelmäßige augenärztliche Kontrolle notwendig.
Nicht vergessen werden sollten auch die relativ häufigen psychogenen Sehstörungen, die den Betroffenen gar nicht bewußt sind. Das kann vom Kind in einer schulischen Überforderungssituation (zu viel Druck von den Eltern, Lehrerwechsel mit veränderten Anforderungen, etc.) oder häuslichen Stressreaktion (z.B. Trennung der Eltern), bis zum älteren Patienten, dessen Altersdepression damit einhergeht, daß er die Welt um sich herum nicht mehr "sehen kann", reichen. Auch traumatische Erlebnisse können hier zu Veränderungen führen, wo die Ursache sehr vorsichtig herausgearbeitet werden muss, da eine genaue Schilderung des Tathergangs retraumatisierend wirken kann. Bei Verdacht auf eine psychogene Sehstörung ist daher unbedingt ein erfahrener Psychologe heranzuziehen. Manchmal ist auch eine Familientherapie notwendig, da nur das schwächste Glied im "System" das Problem bekommt und sich nicht anders zu helfen weiß, als körperlich auszudrücken, was es psychisch nicht verarbeiten kann. In all diesen Fällen kann es übrigens parallel oder auch ausschließlich zu Gesichtsfeldeinschränkungen kommen.
Eine Abklärung durch den Augenarzt beizeiten, verhilft da zu ruhigerem Schlaf bei harmlosen Veränderungen und zu zeitgerechter Therapie bei Unerfreulichem. Zu bedenken ist bei Sehverschlechterungen auch immer ob noch Verkehrstüchtigkeit vorliegt.
Auch Alkohol im Übermaß beeinträchtigt das Sehvermögen:
Sehverschlechterungen gibt es auch bei und nach Weltraumflügen. Man spricht vom „Space Flight-Associated-Neuro-Ocular-Syndrom“ (SANS) oder kürzer von einer „Space-Eye-Disease“, also einer Weltraumaugenerkrankung. Darunter werden Augenveränderungen zusammengefasst, die man bei Astronauten nach längerfristigen Aufenthalten im Weltall auf der internationalen Raumstation ISS, festgestellt hat. Die Veränderungen des SANS umfassen teilweise sich nicht mehr vollständig rückbildende Veränderungen wie Sehnervenschwellungen (Papillenödeme), Augenlängenverkürzungen mit der Folge von Leseproblemen und der evt. dauerhaften Notwendigkeit einer Brille, Aderhautfalten und Cotton-wool-Herde in der Netzhaut. Durch Flüssigkeitseinlagerungen kann es auch zum fortschreiten oder erst Entstehen eines Grünen Stars kommen. Da diese Veränderungen gerade bei längeren Raumflügen z. B. zum Mars oder möglicherweise auch bei längerfristigen Aufenthalten in reduzierter Schwerkraft auf dem Mond zu relevanten Beeinträchtigungen der Sehfähigkeit der Astronauten führen könnten, wird hier intensiv geforscht.
Die Simulation einiger Sehstörungen, in denen man das normale Sehen in einer Alltagssituation - durch bewegen einer Linie - mit dem Sehen der gleichen Umgebung mit einer Erkrankung vergleichen kann, findet sich auf dieser externen Homepage.
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(Stand 26.06.2024)