Erkrankungen der Tränenorgane:

Was sind die Tränenorgane ?

Zu den Tränenorganen zählt man die verschiedenen Tränendrüsen (näheres s. unten) und die ableitenden Tränenwege, in denen die Tränen wieder abfliessen (unten rosa eingezeichnet) in Form der Tränenkanälchen (3). dem Tränensack (4) und dem darunter gelegenenTränennasengang. (Zahlen beziehen sich auf die Skizze hier drunter)

Tränenorgane

Grafik der Tränenorgane eines linken Auges

Wo kommen die Tränen her und wo fliessen sie hin ?

Die Tränen bestehen aus verschiedenen Bestandteilen, die hauptsächlich von der großen Tränendrüse (1) seitlich unter dem Oberlid (siehe Grafik oben eines linken Auges von vorne betrachtet) und von vielen kleinen Drüsen in der Schleimhaut des Augenbereichs (Bindehaut) und an der Lidkante, gebildet werden. Näheres zu ihrer Zusammensetzung siehe unter Tränenfilm. Sie werden von den Lidern über die Augenoberfläche verteilt und mit einer kaum sichtbaren peitschenartigen Bewegung in die beiden Tränenpunkte (2) am nasenwärts gelegenen Ende der Lidkanten geleitet. Dies sind kleine Öffnungen zu den zwei Tränenkanälchen (im Bild ist der obere mit 3 markiert) pro Auge. Durch sie fliessen die Tränen in den Tränensack (4) und dann durch den Tränennasengang (darunter) in die Nase. Die Maße, finden Sie unter Zahlen zum Auge. Dabei durchbricht der Tränennasengang die knöcherne Begrenzung der Nase (5). Aufgrund dieses Abflußweges müssen wir auch “schniefen” (Tränen laufen in die Nase) wenn wir weinen.

Wie überprüfe ich den Tränenfluß ?

Die Tränenmenge wird mit dem sogenannten Schirmertest gemessen (unten im Bild). Dabei werden kleine Löschblattstreifen in die Unterlider gehängt und die Menge der Tränenproduktion in einem gewissen Zeitrauam wird in Millimeter gemessen. 5-10mm gilt als normal.

Schirmertest

Die Durchgängigkeit der Tränenkanäle bzw. die Abflußmöglichkeit wird mit der Tränenwegsspülung überprüft. Eine kleine Kanüle wird in die Tränenpunkte eingeführt (siehe unteres Bild mit Kanüle im unteren linken Tränenpunkt und Tränenkanal) und Salzwasserlösung mit einer Spritze durchgespült.

Tränenwegsspülung

Sieht übrigens viel schlimmer aus, als es ist. Drückt halt ein bißchen. Ob der Gang frei ist, merkt der Patient daran, daß die Flüssigkeit bei zurückgelegtem Kopf in den Rachen läuft. Kleinere Verstopfungen können so beseitigt werden. Um den Ort einer Verstopfung genau festzustellen, wird in seltenen Fällen dabei Röntgenkontrastmittel eingegeben und auf dem Röntgenbild erkennt man dann wo das Problem liegt. Durch die Fortentwicklung der Endoskope kann man inzwischen auch mit dem Endoskop die Tränenwege von unten her (macht der Hals-Nasen-Ohrenarzt) untersuchen und ggf. bei der Gelegenheit auch wieder mittels Laser “freifräsen” oder Verengungen mit einem Ballon wieder aufdehnen (siehe auch Operationen unten).

Wieviel Tränen hat man ?

Details zur Menge und Häufigkeit finden sich unten auf der Seite Zahlen zum Auge bzw. auf der Seite über den Tränenfilm.

Warum weint man ?

Von Weinen spricht man, wenn mehr Tränen fliessen, als regulär über die Tränenwege abgeleitet werden können und daher die Tränen über die Wange laufen. Entweder werden zu viele Tränen für das Fassungsvermögen der regulären Tränenwege gebildet oder die Abflußwege sind verengt oder verschlossen.

  • Bei zu vielen Tränen handelt es sich entweder um einen mechanisch-chemischen Reiz an der Oberfläche (z.B. durch beißende Dämpfe, einen Fremdkörper oder eine überempfindliche Oberfläche) der zu einer übermäßigen Tränenproduktion führt, die die Abflusswege überfordert oder aber um eine emotionale Reaktion (Wut, Trauer, Enttäuschung etc.), die die Tränenporduktion auch erhöht. Vergleiche auch die Seite über tränende Augen. Bei normalen Tränenwegen läuft die übernormale Flüssigkeit übrigens nicht nur über die Wange, sondern soviel davon in die Nase, dass man sich Schneuzen muss.
  • Verstopfungen der ableitenden Tränenwege dagegen, kommen meist durch Entzündungen, selten Tumore oder Verletzungen und manchmal durch Tränenwegssteine. Hier ist es dann wie mit dem verstopften Wasserabfluss im Waschbecken, die Kapazität des Abflusses reicht nicht für die an sich ja normale Wassermenge und so muss es zum "Überlaufen" kommen. Auch Erkältungen mit stark geschwollenen Nasenschleimhäuten können eine Abflussbehinderung bewirken. Hier helfen dann die Nasenschleimhaut abschwellende Nasentropfen.

Besondere Situationen:

Interessanterweise gibt es auch den umgekehrten Weg, dass wenn man durch starkes Schneuzen Überdruck in der Nase hervorruft, Flüssigkeit rückwärts aus dem Tränenpünktchen rausgedrückt wird und von innen auf die ggf. vorhandene Brille spritzt. Dies kann aber nur bei offenen Augen geschehen, also Augen zukneifen beim kräftigen Schneuzen.

Beim Niessen schiessen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 160 Stundenkilometern Nasensekret, Bakterien und Viren aus der Nase in die Umgebung. Durch den Überdruck evt. auch etwas durch die Tränenwege gegen die Augen. Hier ist der Körper geschickter, daß heißt, reflexartig und nicht unterdrückbar werden die Lider rechtzeitig zugekniffen.

Die Entzündung der großen Tränendrüse:

Mit dem Fachausdruck heißt sie Dakryoadenitis. Diese ist sehr selten und führt zu Druckschmerz, einer typischen Schwellung und Rötung des seitlichen Oberlides (Bild s. unten). Handelt es sich um eine neu (akut) aufgetretene Entzündung kommt es zu vermehrtem Tränen. Ist es eine schon lange bestehende (chronische) Entzündung versiegt die Tränenproduktion der großen Tränendrüse. Ursachen der akuten Entzündung sind meist allgemeine Infekte wie Mumps oder Grippe. Eine chronische Entzündung entsteht mehr aufgrund von Tumoren wie dem Morbus Hodgkin.

Dakryoadenitis

Die Entzündung des Tränensacks:

Wie schon oben aus der Skizze ersichtlich, sitzt der eigentliche Tränensack woanders als der, den man im allgemeinen Sprachgebrauch als solchen bezeichnet. Was es mit diesem “falschen Tränensack auf sich hat, lesen Sie unter Tränensäcke. Im eigentlichen Tränensack kann sich Eiter durch eine massive bakterienbedingte Entzündung ansammeln.

Tränensackentzündung

Man spricht dann von einer Dakryozystitis. Diese ist sehr schmerzhaft und führt neben der Rötung und Schwellung im Bereich des eigentlichen Tränensacks an der Nasenwurzelseite (siehe Bild oben linkes Auge des Patienten) zu einem starken Tränen - da kein Abfluß mehr stattfindet - und gelblich verklebten Augen. Ist sie nicht mit Augensalben und hochdosierten Antibiotika in Tablettenform zu beheben, muß der Tränensack aufgeschnitten und der Eiter entfernt werden. Gegebenenfalls wird anschließend operativ ein neuer Gang geschaffen. Der Versuch der Tränenwegsspülung ist bei solchen Befunden keine “gute Idee”, da man dadurch den Eiter erst recht ins Gewebe drücken kann und so die Entzündung bis zu einem Verschluß von Gehirnvenen (Sinus cavernosus Thrombose) verstärken kann.

Ein angeborener Verschluß des Tränennasengangs:

Zahlreiche Säuglinge (ca. 20%) haben für einige Wochen bis Monate nach der Geburt - meist einseitig - ein ständig tränendes und evt. auch immer wieder eitrig entzündetes Auge, bei dem auch örtliche Antibiotika nicht dauerhaft helfen. Hier ist in der Regel die Öffnung des Tränennasengangs zur Nase hin durch eine angeborene kleine Membran verschlossen und hat sich nicht regulär nach der Geburt eröffnet. Verschwindet dieses Problem nicht spontan oder ist es nicht durch wiederholte Massage vom Lidwinkel zur Nasenspitze hin (zweimal täglich je 10 Druckbewegungen) zu beheben, wird der Gang gegen Ende des ersten Lebensjahres in Narkose sondiert und durchgespült und so eröffnet. Wartet man länger, kann es sein, daß der Gang dauerhaft verklebt. Früher sollte man es aber auch nicht durchführen, da eine Narkose für ein Baby nicht ungefährlich ist und häufig eine Spontanheilung auftritt. Bis vor einigen Jahrzehnten war es noch üblich dies ohne Narkose durchzuführen. Hierzu gehört aber eine sehr erfahrene Hilfskraft, die das Baby perfekt fixiert, da durch Abwehrbewegungen die Tränenwege dauerhaft beschädigt werden können. Aufgrund dieses Risikos und der heutigen softeren Vorstellung über die Behandlung von Kindern, ist dieses Verfahren ausser Mode gekommen. Ansonsten werden natürlich die bis zur Durchspülung immer wieder auftretenden Entzündungen ggf antibiotisch behandelt.

Tumore der Tränendrüse:

Sie fallen zunächst durch eine schmerzlose örtliche Schwellung am seitlichen Rand des Oberlides auf. Man kann sie sogar durch Anheben des Oberlides erkennen. Die große Gefahr ist ein Wachstum in die Augenhöhle, was eine komplette Entfernung des Tumors ohne Beschädigung des Auges häufig unmöglich macht. Die Tumore können sowohl gut- als auch sehr bösartig sein. Eine genaue Diagnostik mit Ultraschall und dem Computertomographen und evtl. Probenentnahmen ist vor Entscheidung über das weitere Vorgehen unbedingt notwendig. Es ist übrigens nicht alles was sich da so unter dem Oberlid vorwölbt bösartig. Im höheren Alter "leiern" die Strukturen schon mal aus und Fett aus der Augenhöhle sackt da evt. samt Tränendrüse einfach ab.

Entzündungen der Tränenkanälchen und Tränenwegssteine:

Bei einer Entzündung der Tränenkanälchen ist der Tränenabfluß in der Regel behindert und das Auge “steht immer unter Wasser” und Tränen laufen die Wange herunter.. Eine Spülung (Bild s. oben) und antibiotische Behandlung ist notwendig, denn meist steckt eine Entzündung durch Bakterien dahinter. Selten kann aber auch eine Chemotherapie schuld sein. Bei längeren und wiederkehrenden Verläufen kann es zu Verengungen oder gar kompletten Verklebungen der Gänge kommen, die dann ggf. operativ repariert werden müssen (s.u.).

Bei längerem Entzündungen können sich auch kleine “Steinchen” bilden, die Tränenwegssteine oder Dakryolythen. Von aussen sieht man fast nichts und doch besteht ein sehr unangenehmer Duckschmerz im Nasenwinkel. Manchmal verschwinden sie von selbst und man fühlt kleine Körnchen in Nase und Mund. Meist müssen die aber durch Druck, Spülung oder selten eine Operation entfernt werden .

Verletzungen:

Durch Verletzungen der abführenden Tränenwege (Glassplitter beim Autounfall, Hundebiß etc.) können diese dauerhaft zerrissen und dadurch der Abfluss verschlossen werden und zu dauerndem Tränenfluß führen. Deswegen ist es sehr wichtig bei Verdacht auf eine solche Verletzung den Augenarzt die Funktion der Tränenwege überprüfen zu lassen und ggf. kurzfristig eine Wiederherstellung mittels Operation durchzuführen. Durch Rißverletzungen der Lider sollten prinzipiell von einem Augenoperateur operiert werden.

Operationen:

Sind die Tränenwege verlegt und durch Sondieren mit einem kleinen Draht oder Spülen mit Salzwasserlösung nicht wieder frei zu bekommen bzw. durch Verletzungen zerrissen, muß operiert werden.

Bei Rissen werden zunächst die beiden Enden wieder zusammengenäht und dann ein kleiner Schlauch in die Tränenwege gelegt und für eine Zeit belassen, damit die Kanälchen wieder gerade zusammenwachsen können.

Bei Verengungen oder kompletten Verschlüssen des Tränennasengangs wird zunächst mit einem sehr dünnen (1,1mm) Endoskop von der Nase her und ggf. einem Laser oder einem aufblasbaren Ballon der Weg wieder frei “gefräst” bzw. die Verengung aufgedehnt. Hat dies keinen Erfolg, wird bei Verlegungen des Tränennasengangs operativ eine künstliche Verbindung zwischen dem Tränensack und der Nasenhöhle geschaffen, um den Tränenabfluß zu gewährleisten. Man nennt dies Dakryrozystorhinostomie. Zu deutsch: “Schaffen einer Öffnung zwischen Nase und Tränensack”. Dies kann operativ mit dem Messer und Bohrer von aussen durch einen Hautschnitt (externe Dakryozystorhinostomie oder kurz Operation nach Toti) oder neuerdings schonender und kosmetisch unauffällig mittels Laser endoskopisch erfolgen. Die endoskopischen Operationen von der Nase her wurden bisher übrigens nicht vom Augenarzt, sondern vom Hals-Nasen-Ohrenarzt durchgeführt. Inzwischen gelingt dies auch an spezialisierten Augenkliniken (z.B. Uniaugenklinik Köln) von den Tränenpünktchen her, die "transkanalikuläre Laser Dakryzystorhinostomie", auch Laser DCR genannt). Generell muss man sagen, daß nur wenige Kliniken auf intensivere Tränenwegsoperationen spezialisiert sind. Es lohnt sich da auch mal weiter zu fahren. Eine Übersicht auch mit Angaben zur OP-Häufigkeit s. Hier.

Beim Trockenen Auge mit zu wenig Tränenflüssigkeit, kann man bewusst die Tränenwege durch kleine "Stöpsel" auf dem unteren Tränenpunkt (Punctum plugs) verschliessen, damit die zu geringe Tränenmenge länger auf dem Auge bleibt und man nicht ganz so oft zum Befeuchten tropfen muss. Ein kurzer schmerzfreier Eingriff an der Spaltlampe des normalen Augenarztes. Sollte dies nicht gut funktionieren, können diese "Stöpsel" später rückstandsfrei entfernt werden.

(Stand 14.04.2024)