Die älteste Methode: Operateur und Patient sitzen sich gegenüber. Ein hinter dem Patienten stehender Helfer packt dessen Kopf und drückt ihn fest gegen seine Brust, damit der Patient nicht zuckt. Man muss dabei bedenken, dass bis Mitte des 19. Jahrhunderts Narkosen noch unbekannt waren. Auch örtliche Betäubungen entwickelten sich erst zu dieser Zeit. Der Wiener Augenarzt Carl Koller wendete Kokain 1884 erstmals für Augenoperationen am Menschen an. Auf das Auge träufelte er Kokain-Lösung, die die Hornhaut betäubte (Oberflächenanästhesie). Koller gilt somit als der Vater der Lokalanästhesie. Der Starstecher sticht daher ohne Betäubung mit der Starstichnadel am Rande der Hornhaut in das Weiße des Augapfels hinein und schiebt die Nadel vor, bis die Nadelspitze hinter der Pupille sichtbar wird. Nun muss er die Linse von oben mit der Nadel erfassen und auf den Grund des Auges hinabdrücken. Um ein Wiederaufsteigen der Linse zu vermeiden, hält der Operateur sie dort noch eine Weile fest. Nach dem Eingriff wird ein Verband über beide Augen gelegt, um das Auge ruhigzustellen.
In seiner Dissertation im Jahre 1750 beschreibt Johann Phillip Schnitzlein ein etwas anderes Verfahren, als die seiner Ansicht nach ideale Methode des Starstichs: Es wurde 3,5mm hinter dem Hornhautrand (Limbus) mit einer Nadel eingestochen und die hintere Linsenkapsel eröffnet. Dann wurde durch Bewegung der Nadel zunächst nach vorne und dann nach unten, der gesamte Linsenkern nach hinten in den Glaskörperraum geschoben und so die Sichtachse im Auge wieder frei.
Schon in vorchristlicher Zeit wurden Starstiche durchgeführt. So sind Starstiche bereits aus babylonischer Zeit bekannt.
Schon damals wurde ein spitzer Gegenstand in den Glaskörper hineingestoßen. Man verhalf Erblindeten so zu neuer Sehkraft, wenngleich infolge häufiger Infektionen, aufgrund des mangelnden Wissens über Hygiene, viele Menschen in der Folgezeit vollends erblindeten und bisweilen auch verstarben. Allein das war schon ein Grund, daß es ein "reisendes Gewerbe" war, damit der Starstecher weg war wenn die Komplikationen kamen. Generell waren die Ergebnisse dieses groben Eingriffs nämlich schlecht und sind es noch heute. Die Quoten von Entzündungen, Folgeerkrankungen (Grüner Star), erneuten Verschlechterungen (die Linse stieg wieder auf hinter die Pupille) und vollständiger Erblindung sind nach wie vor sehr hoch. Trotzdem soll es noch Dritteweltregionen geben, wo es mangels anderer Versorgung praktiziert wird.
Bekannt sind auch die Cataractoperationen von Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel, die beide erfolglos operiert wurden und wenige Monate danach an den Folgen der Begleitbehandlung verstarben. Ihr Operateur war der aus England stammende Augenarzt Chevalier John Taylor, selbsternannter Ophthalmiater von Päpsten, Kaisern und Königen, der auch 45 Schriften veröffentlichte und in seinem Buch "Cataract and Glaucoma" die gleiche Technik wie Schnitzlein beschrieb und auch durchführte. Viele Zeitzeugen und spätere Betrachter sahen in ihm allerdings eher einen Quacksalber und Scharlatan. Der in dieser Hinsicht wohl als neutral zu betrachtende Zeitgenosse Samuel Johnson sagte über Taylor, dass dessen Leben „ein Beispiel dafür bietet, wie weit Vermessenheit die Ahnungslosigkeit treiben kann“. Taylor war vor allem auch ein guter Selbstvermarkter und nutzte gerne "alternative Fakten" dazu. Problem bei den beiden oben genannten, dürfte vor allem gewesen sein, dass er Aderlass und Abführmittel als Begleitbehandlung verwendete und bei schwerwiegenden Entzündungen hohe Dosen Quecksilber.
Der Kodex Hammurapi (um 1760 v. Chr.) ist eine der ältesten Gesetzessammlungen, die unter anderem auch Arzthonorare und Strafen für Kunstfehler festlegt.
§ 215: Wenn ein Arzt einen Mann mit einem bronzenen Instrument von einer schweren Wunde geheilt oder das Fleckchen im Auge eines Mannes mit dem bronzenen Instrument geöffnet und das Auge des Mannes geheilt hat, sind ihm dafür zehn Schekel Silber zu bezahlen.
Warum der Starstich vor allem durch wandernde Heiler durchgeführt wurde, verdeutlicht, im Zusammenhang mit dem hohen Erblindungsrisiko, die kurz danach aufgeführte Verfügung:
§ 218: Wenn der Arzt einen freien Mann mit einem bronzenen Instrument an einer schweren Wunde behandelt und sterben lässt, und wenn er das Fleckchen im Auge des Mannes mit dem Instrument aus Bronze geöffnet, aber das Auge des Mannes zerstört hat, wird man seine Hände abschlagen.
Zurück zur Seite über die Operation des Grauen Stars.
Zurück zur Seite über den Grauen Star
(Stand 28.06.2021)