Einfach: Das Auge ist die Photokamera und der Sehnerv hinten dran ist die Leitung, die das Bild in die "Grafikkarte" des "Computers" im Gehirn schickt.
(Symbolbild Sehsystem: depositphotos.com)
Präziser: Weißes, d.h. alle Farben enthaltendes Licht fällt auf einen Gegenstand. Ein Teil davon wird “verschluckt” (absorbiert) und ein Teil davon wird zurückgeworfen (reflektiert). Die Farbanteile, die reflektiert werden, machen die Farbe des Gegenstandes (siehe Farbensehen), den wir betrachten, aus. Werden alle Farben reflektiert, erscheint uns der Gegenstand weiß. Werden alle Farben absorbiert erscheint er uns schwarz. Dieses reflektierte Licht bzw. das Abbild des Gegenstandes wird in das Auge gespiegelt.
Durch die Hornhaut und die Linse wird - vergleichbar einem Objektiv in einer Photokamera - das Licht in das Auge gebündelt. Die Pupille funktioniert dabei als Blende, d.h. sie regelt mit ihrer Größe die Menge des einfallenden Lichtes.
Gegebenenfalls ergänzend können die Lider mit den Wimpern, vergleichbar der Sonnenblende bei der Kamera, noch zusätzlich durch Kneifen den Lichteinfall dämpfen.
Die Scharfeinstellung (Akkommodation) des Bildes erfolgt durch aktive Verformung der Linse durch Muskeln (Ziliarmuskel). In Abhängigkeit vom Pupillendurchmesser gelingt dies leichter oder schwerer, denn wie bei einer Photokamera bedeutet ein kleiner Pupillendurchmesser (bzw. Blendendurchmesser bei der Kamera) auch eine größere Schärfentiefe, d.h. einen Bereich der ohne weitere Aktivität scharf ist. Ist die Pupille weit, wie dies nachts der Fall ist, ist die Schärfentiefe gering und evt. nicht auskorrigierte Sehfehler fallen mehr auf. Wer also nachts besonders schlecht sieht, sollte mal seine Sehstärke überprüfen lassen, evt. braucht er ja eine Brille. Näheres auch unter Sehprobleme in der Dämmerung.
Das Bild wird schließlich auf der Netzhaut - vergleichbar dem Film bzw. Sensorchip in der Photokamera - abgebildet. Interessanterweise kommt das Bild auf der Netzhaut umgekehrt und seitenverkehrt an. Dies wird in der weiteren Verarbeitung im Gehirn “begradigt”. (Ein Youtubevideo zur Akkommodation finden Sie Hier)
Hierzu gibt es einen interessanten Versuch: Dreht man das Bild mittels einer Umkehrbrille richtig herum, sieht der Mensch zunächst alles auch verkehrtherum, da das Gehirn weiterhin seine erlernte Korrektur durchführt. Nach einigen Tagen hat man sich daran gewöhnt und kann wieder normal seine Umwelt trotz der Umkehrbrille erkennen. Nimmt man die Brille dann wieder ab, sieht man alles auf einmal wieder verkehrt und das Gehirn braucht wieder einige Tage um sich umzustellen.
Kann das Auge allein das Bild nicht scharf stellen - liegt also ein Sehfehler vor -, kann man mit einer Brille z.B. dafür sorgen, das dies gelingt.
Sind Trübungen der optischen Medien, z.B. der Linse (Grauer Star) oder Veränderungen der Hornhaut (s. Hornhauterkrankungen) vorhanden, ist das Bild auf der Netzhaut leider nicht scharf.
Wo welcher Teil des Auges liegt, siehe auch unter Aufbau des Auges bzw. die nähere Beschreibung der einzelnen Strukturen siehe unter Bestandteile des Auges.
In der Netzhaut wird über chemische Vorgänge (Sehfarbstoffe in den Photorezeptoren) das Bild mit seinen Farbbestandteilen und seinen Kontrasten (Helligkeitsunterschieden) wahrgenommen und dann in elektrische Impulse umgesetzt. Fast wie bei einem Mikrochip in einer Videokamera. Man unterscheidet 4 verschiedene Sehfarbstoffe oder Sehpigmente. Drei sind für das Farbensehen - in den Zapfen - tagsüber (photopisches Sehen) zuständig und einer - in den Stäbchen -, das Rhodopsin oder “Sehpurpur”, für das Schwarz-Weiss-Sehen in der Dämmerung (skotopisches Sehen). Bei Dunkelheit ist nämlich keine Farbunterscheidung möglich, da nur der Sehpurpur in den Stäbchen empfindlich genug ist angeregt zu werden, während die farbsensiblen Zapfen ohne Funktion sind. Bei Helligkeit wird das Rhodopsin in den Stäbchen “ausgebleicht”, d.h. es zerfällt aus dem purpurroten Zustand (Sehpurpur) in einen weißen Zustand (daher ausbleichen), auch Sehweiß genannt und ist inaktiv. Beim Eintritt vom Hellen ins Dunkle sieht man zuerst wenig bis gar nichts, bis die im Hellen inaktiven Stäbchen ihre Funktion wieder aufnehmen und ihre Empfindlichkeit gesteigert (Dunkel-Adaptation) wird. Das Sehen wird von den Stäbchen übernommen, die dann das bei Tage ausgebleichte Rhodopsin regenerieren. Die volle Leistung im Dunkeln ist erst nach 20 Minuten da, wie man bei einem Abendspaziergang ohne Beleuchtung leicht merken kann. Über chemische Vorgänge “fährt die Netzhaut die Empfindlichkeit hoch” und kann sie ggf. bei zunehmender Helligkeit auch wieder “runterfahren”. Wobei letzteres (Hell-Adaptation) nach einem anhaltenden Blendungseffekt innerhalb einer Minute erfolgt.
Das Rhodopsin besteht aus Opsin und Retinal. Schäden in der Opsinproduktion durch Mutationen (Erbgutveränderungen) können zur Retinitis pigmentosa oder zu erblicher Nachtblindheit führen. Bei Vitamin-A-Mangel in der Ernährung kann das Retinal nicht gebildet werden und es kommt zu erworbener Nachtblindheit oder zu Hornhautentzündungen und Augentrockenheit. Bei der üblichen Ernährung in den Industrieländern ist Vitamin-A-Mangel praktisch unbekannt aber in Ländern der Dritten Welt, z.B. mit schwerpunktmäßiger Reisernährung, schon.
Interessanterweise muß das Licht erst durch die durchsichtigen Nervenfaserschichten der Netzhaut durch, um auf die weiter hinten gelegenen Photorezeptoren (ca. 120 Millionen), die die elektrischen Impulse schaffen, fallen zu können. Nach Umwandlung in elektrische Signale wird die Information durch die “Schaltzellen” (Ganglienzellen, Bipolarzellen) in den vorderen Teil der Netzhaut und dann seitlich zum Sehnerv geleitet (s.Bild oben).
Der Sehnerv als großes “Kabelbündel” (eine Million Fasern) leitet die bereits in den verschiedenen Schichten der Netzhaut “leicht vorsortierten” und komprimierten (120 Millionen Photorezeptoren auf 1 Million Nervenfasern) Bildinformationen an verschiedene Zentren im Gehirn, in denen der Sinn des Bildes, d.h. was es eigentlich ist und wie man darauf reagieren muß, erst erkannt wird (s.Bild unten).
(Symbolbild Sehvorgang: depositphotos.com)
Dabei werden die Informationen aus beiden Augen zu einem Gesamtbild (binokulares Sehen) zusammengefasst. Die Hauptbildverarbeitung findet dabei in der sogenannten “Sehrinde”, einem Teil des Gehirns im Hinterkopf, statt. Man könnte analog einem PC auch von der “Grafikkarte” sprechen. Aus dem Auge werden dabei zehn Millionen Informationen pro Sekunde an die Sehrinde übertragen, die pro Sekunde zehn Billionen Rechenoperationen durchführen kann. Das Bild passiert dabei im Gehirn verschiedene Stufen, in denen jeweils nur auf bestimmte Details hin analysiert wird. In einer Stufe wird z. B. nur auf die Trennung von Vordergrund und Hintergrund geachtet (siehe Bild unten, Figur-Grund-Umkehrung). In anderen Stufen werden die Helligkeit (die Kontraste) oder die Farben unterschieden. Dabei wird in der Umwelt bewusst nach Kanten und Linien gesucht und diese werden in der Verarbeitung überbetont (Grundlage für manche optische Täuschung), damit sich Objekte von der verwischten und körnigen Struktur der Welt abheben. Die Sehrinde mit ihren Milliarden von Nervenzellkörpern entwickelt sich erst im Laufe der Kindheit. Wird diese Entwicklung durch vorübergehende kindliche Blindheit, z.B. bei einem angeborenen Grauen Star, behindert, wird die Hirnstruktur dauerhaft geschädigt und entwickelt, bei nicht rechtzeitiger Entfernung des Grauen Stars, nie die sonst mögliche Leistungsfähigkeit. Es besteht dauerhafte Schwachsichtigkeit (Amblyopie).
Wir erfassen die Umwelt auch nicht mit "einem Blick" und dann wird dieses Bild analysiert. Das Auge kommt nie zur Ruhe und der "Blick" besteht aus vielen kleinen Fixierungen, daß heißt das Auge zuckt ruckartig mit vielen kleinen Bewegungen (Sakkaden) über den erfassten Gegenstand, um ihn dann in maximaler Schärfe, mit der hochleistungsfähigen Fovea, kurz zu fixieren und zusammenfassend dann als Gesamtbild zu erfassen. Besonders schön kann man die Sakkaden im Zug sehen, wenn das Auge immer kurz auf einem draussen vorbeihuschenden Gegenstand verweilt und dann ruckartig wieder in seine Richung zuckt, weil er sich inzwischen weiterbewegt hat. So ein rhythmisches gleichmäßiges Zucken nennt man Nystagmus und die Bewegung selbst auch Blickfolgebewegung, als deutscher Begriff für Sakkade. Hinzu kommt, dass die Sehzellen auf der Netzhaut nur auf ein verändertes Bild bzw. einen ständig neuen Lichtreiz reagieren. Wenn man also ein unbewegtes Objekt ohne weitere Augenbewegung anstarrt, müsste das Bild eigentlich sehr schnell verblassen, eine Rezeptorermüdung (Lokaladaption) tritt auf bzw. man wäre dann in diesem Moment blind. Damit dies nicht geschieht, führt das Auge 1-3 mal pro Sekunde dauernd winzige, unwillkürliche Bewegungen (Mikrosakkaden) aus. So können wir auch herumstehende unbewegliche Gegenstände dauerhaft registrieren. Bestimmte Tiere , die ihre Augen nicht bewegen können, müssen daher ihren Kopf ruckartig hin- und herbewegen.
Wie wichtig die Analyse optischer Eindrücke für den Menschen ist, mag man an der Tatsache erkennen, daß mindestens ein Drittel der Großhirnrinde - die ja der Teil ist, in dem wir “Denken” - für die Bearbeitung von optischen Eindrücken reserviert ist. Der Mensch ist eben ein “Augenwesen”. Aus zahlreichen Einzelinformationen wird dann das "Bild" im Sehzentrum in mehreren Analyseschritten zusammengesetzt. Sieht ein Mensch z.B. eine Banane, werden im ersten Schritt einfache Eigenschaften wie die gelbe Farbe und die glatte Textur verarbeitet. Im Verlauf wird die verarbeitete Information immer komplexer. So erkennt der Mensch schließlich, dass es sich um eine spezielle Halbmondform handelt, bis sie am Ende die Banane benennen können. Das heißt es gibt im Gehirn nicht die Einzelinformation, so sieht eine Banane aus, sondern man leitet aus vielen Eigenschaften einen Namen ab. Dabei ist Sehen auch eine Sache der Erfahrung, d.h. je häufiger wir einem bestimmten Bildreiz ausgesetzt sind, desto schneller nehmen wir ihn wahr und desto weniger muß das Gehirn dafür arbeiten. Jeder der als Anfänger mal mit einem passionierten Pilzesammler im Wald unterwegs war, kennt das Phänomen, daß der schon 20 Pilze gefunden hat und man selbst immer noch keinen gesehen (eher wohl erkannt) hat. Durch diese sehr aufwendige Verarbeitung der Bildeindrücke, machen sich Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Gehirns in verlangsamter Bildverarbeitung bemerkbar. Dementsprechend können Sehprobleme schon bis zu 12 Jahre vor sonstigen Symptomen auf eine spätere Demenz hinweisen, da die mit der Alzheimer-Krankheit verbundenen toxischen Amyloid-Plaques zunächst Bereiche des Gehirns beeinträchtigen, die mit dem Sehvermögen in Verbindung stehen. Die Teile des Gehirns, die mit dem Gedächtnis verbunden sind, werden erst mit fortschreitender Krankheit geschädigt. So kann beispielsweise die Fähigkeit Dinge als solche zu erkennen, die Umrisse von Objekten zu sehen, die Kontrastempfindlichkeit oder zwischen bestimmten Farben zu unterscheiden, vermindert sein, ohne dass sich die Betroffenen dessen bewusst sind. Bekannt ist bereits seit längerem, dass die Fähigkeit, das sogenannte Blau-Grün-Spektrum zu sehen und zu differenzieren, bei Demenz schon früh beeinträchtigt ist. Auch die Kontrolle der Augenbewegungen nimmt bei Menschen, die später Alzheimer bekommen, ab, ebenso die Fähigkeit, Gesichter zu erkennen.
Dinge wollen vom Sehzentrum erst als solche erkannt und zugeordnet werden. Es gibt zahlreiche Versuche, die zeigen, dass Dinge, die wir nicht erwarten oder für uninteressant halten, trotz auffälligem Aussehen nicht "gesehen", sprich als solche erkannt werden. Sie werden schlichtweg ausgeblendet. So eine Art selektives Sehen. Man spricht auch von Unaufmerksamskeitblindheit (Siehe Artikel in der Süddeutschen Zeitung über den unsichtbaren Gorilla).
"Die Augen sind nutzlos, wenn der Geist blind ist"
Das Sehen und die Umweltwahrnehmung funktionieren eben nicht wie eine Kamera. Beim Beispiel mit den Pilzen im Wald, richten wir unsere visuelle Aufmerksamkeit auf bestimmte pilztypische Merkmale und blenden andere Eindrücke, die uns ablenken würden, wie Blätter oder Steine, aus. Unsere Sinne nehmen schließlich tagtäglich eine große Anzahl an Informationen auf, die wir unmöglich vollständig verarbeiten können. Deswegen nutzt das Gehirn die selektive Aufmerksamkeit, um zwischen Reizen zu unterscheiden. Eine Sonderform des selektiven Sehens ist das "Baader-Meinhof-Phänomen" oder die Frequenzillusion. Ein Beispiel: Wir haben uns z.B. ein Auto einer bestimmten Marke gekauft und jetzt sehen wir dieses Modell "überall", wir fühlen uns quasi wie von einer Terrorgruppe (Baader-Meinhof-Bande) davon "verfolgt". Dabei habe wir vorher gar nicht darauf geachtet und überbewerten die Häufigkeit jetzt.
Das Wahre gibt es nicht ! Es gibt nur verschiedene Arten des Sehens (Gustave Flaubert)
Da wir nur begrenzt viele optische Eindrücke gleichzeitig verarbeiten können und bei visueller Überforderung, ggf. noch zusätzlich verstärkt durch starke Lichtreize (Blendung) oder Konzentration auf Weiteres (Handy beim Autofahren), Dinge übersehen, passieren so z.B. beim Autofahren leichter Unfälle. Der Fachausdruck ist "Distraction Blindness" ("Ablenkungsblindheit").
"Die Augen sehen nur das, was der Geist zu verstehen bereit ist"
"Niemand ist so blind wie jene, die etwas nicht sehen wollen"
Bei der vereinfachten Erkennung macht es sich das Sehzentrum allerdings manchmal zu einfach und wir erkennen ein Gesicht, wo gar keines ist. Beispiel sind die “Kulleraugen” manches Autos und die Stoßstange als "Mund". So “lächelt” uns ein Auto an und wir finden es total sympathisch ohne zu wissen warum. Die Leistungsfähigkeit der Bilderkennung ist individuell sehr unterschiedlich. Auf der einen Seite gibt es als Extrem die Leute mit photographischem Gedächnis, die sich mit einem Blick die ganze Seite in einem Buch mit allen Details merken können und auf der anderen Seite die Menschen mit Gesichtsblindheit (Prosopagnosie), die sich Gesichter überhaupt nicht merken können und sozusagen "ständig neue Leute kennenlernen".
Die Zusammenarbeit der “Kamera” Auge und der “Grafikkarte” Sehzentrum führt in 0,18 Sekunden zur Erkennung, Verarbeitung und Reaktion einer gesehenen Gefahr und leitet dann einen Impuls über die 5,8 Millionen Kilometer langen Nervenbahnen des Körpers z.B. an die richtigen Muskeln. Wir brauchen insgesamt dann 0,2 Sekunden, um auf eine Gefahr mit einer Muskelreaktion zu reagieren. Das bedeutet, dass man bei hohen Geschwindigkeiten beim Autofahren evt. gar nicht mehr rechtzeitig reagieren kann. Auch das Einschätzen von Eindrücken geht in diesem enormen Tempo. Innerhalb von 0,2 Sekunden, also weniger als einem Wimpernschlag, treffen potentielle Partner die Entscheidung, ob sie sich sympathisch finden oder nicht.
Weiterhin kann es bei diesem “Erkennen” zu "Bildstörungen" (z.B. bei der Migräne) oder aber auch zu Irrtümern (den optischen Täuschungen) kommen. Typisches Beispiel ist die sogenannte “Gestaltergänzung”, d.h. man denkt einfach Linien fort und sieht dadurch etwas, das so nicht existiert. Oben z.B. meint man ein weißes Quadrat zu sehen obwohl gar keines da ist. Sehen ist nämlich nicht einfach: “Augen auf und schon Sehen wir alles um uns herum”. Das was wir meinen zu sehen, ist eine Vorstellung unseres Gehirns von unserer Umwelt. Das Auge liefert keine fertigen Bilder sondern nur eine Sammlung von bunten Punkten im Rahmen der Grenzen, die Optik und Netzhaut - evtl. auch krankheitsbedingt - setzen. Unser Gehirn macht dann erst etwas daraus. Dies muß mit der Realität, wie man z. B. an den optischen Täuschungen sieht, nichts zu tun haben.
Die Sinne trügen nicht, das Urteil trügt (Goethe)
Wir erkennen nur was wir kennen und zu sehen erwarten. Auf dem Bild oben z.B. sieht man je nachdem was man als Hintergrund wertet, entweder ein Vase oder zwei Gesichter. Diese beiden Bildeindrücke “springen” hin und her. Man spricht von der “Figur-Grund-Umkehrung”. Ein Kind das noch nie eine Vase gesehen hat, würde nur die Gesichter erkennen. Kinder gehen auch prinzipiell anders an Bilder heran. Sie “scannen” neue Objekte und dabei entdecken sie viele Details. Sie lernen noch Bilder als ganzes zu erfassen und bestimmte optische Täuschungen funktionieren bei ihnen daher nicht. Weiterhin ergänzt das Gehirn die Wahrnehmung durch gespeichertes Wissen. Dies erklärt auch warum Zeugenaussagen sich so häufig wiedersprechen und wenn man die gleichen Leute ein halbes Jahr später fragt, dann manchmal eine ganz andere Geschichte erzählt wird. Taurig ist es, wenn das Schicksal einer Person in einem Prozeß davon abhängt.
Es gibt zahlreiche Versuche von Psychologen, die in diesem Zusammenhang Haarsträubendes herausgefunden haben. Die Wahrnehmung bzw. Gewichtung von gesehenen Bildern ist auch von der Kultur abhängig. Angehörige westlicher Gesellschaften gehen Sehaufgaben eher analytisch an und konzentrieren sich auf einzelne Objekte, um diese einzuordnen. Die Umgebung eines Gegenstandes wird weniger beachtet und hier viel übersehen. In Asien ist Harmonie ein zentraler Punkt, man will daher Dinge in einen Gesamtzusammenhang einordnen. Asiaten achten bei gezeigten Bildern zunächst kurz auf den Hintergrund ehe sie sich dem zentralen Thema widmen. Manche Dinge werden auch nicht wahrgenommen, weil das Gehirn sie aus psychischen oder drogenbedingten (z.B. “Tunnelblick” beim Alkohol) Gründen ausblendet.
Da unsere Sinnesorgane bei der Erkennung von Dingen zusammenarbeiten, werden z.B. auch akustische und optische Informationen zusammen verarbeitet. Wir achten beim Zuhören daher auch auf die Lippenbewegungen und können so bei lauter Umgebung anhand der Lippenbewegungen unklare Laute besser verstehen. Dies bedeutet auch, daß wir in Coronazeiten, das Gegenüber schlechter verstehen, weil wir aufgrund der Maske den Mund nicht sehen können. Dieses fehlende Lippenlesen wirkt sich stärker aus als die Dämpfung über die Maske. Darüber hinaus kann die gesehene Information die gehörte korrigieren. Dies ist der sogenannte McGurk-Effekt, nach seinem Entdecker. Wenn wir z.B. jemanden "bla-bla-bla" in einem Film sagen sehen und durch künstliche falsche Synchronisation des Films eigentlich "la-la-la" hören, verstehen bzw. "hören" wir trotzdem "bla-bla-bla".
Letztendlich verwenden wir alle Sinne zusammen, um aus den zahlreichen Informationen der unterschiedlichen Sinnessysteme einen Gesamteindruck von unserer Umwelt zu erhalten. Man spricht von multisensorischer Intergration. Dabei fließen auch Erfahrungswerte aus vergleichbaren Situationen hinein. So kann der Informtionsgehalt noch verbessert werden oder aber auch verschlechtert und so eine Wahrnehmungsillusion, d.h. ein Irrtum entstehen.
Interessant ist auch der Zusammenhang zwischen Sehsystem und "gefühlter Zeit". Unsere innere, gefühlte Zeit wird von Sinneseindrücken wie Bildfolgen beeinflusst, die auf unser Gehirn einwirken. Die Tage scheinen in der Jugend deshalb länger zu dauern, weil das Gehirn mehr Bilder pro Tag verarbeitet und der Tag deswegen voller, erlebnisreicher erscheint. Mehr Bilder führen zu mehr gefühlten Erlebnissen, die gefühlte Zeit vergeht langsamer. Dies liegt zum Einen an der verringerten Verarbeitungsgeschwindigkeit von Bildern im Alter und zum Anderen daran, dass je älter wir werden, desto weniger signifikante neue Erfahrungen werden gemacht und im Gedächtnis gespeichert. Der Tag ist mit Routine angefüllt und bringt wenig Neues, ist leerer. So beschleunigt sich die gefühlte Zeit., denn es war ja nichts los. Je voller die "Festplatte" im Kopf, je mehr passiert ist – desto mehr Zeit veranschlagt das Gehirn dafür in der Erinnerung.
Neben diesen “Verarbeitungsstörungen/-varianten” kann natürlich auch das Wahrnehmen behindert sein, weil Trübungen der optischen Teile des Auges vorliegen oder die Netzhaut oder der Sehnerv bzw. das Gehirn beschädigt sind (Details siehe unter Erkrankungen des Auges). Auch können Teilleistungen des sogenannten Sehvermögens beeinträchtigt sein (s. unter Der Sehtest).
Probleme werfen auch die Leistungsgrenzen des Auges in bestimmten Situationen auf. Die sogenannte Sportophthalmologie, eine Unterdisziplin der Augenheilkunde, bzw. die Sportmedizin untersucht solche Probleme.
Der Sehvorgang in der Netzhaut
(Stand 26.05.2024)