OCT ist die Abkürzung für Optische Kohärenztomographie bzw. im Englischen: “Optical coherence tomography”. Es müsste also die OCT heißen, da es sich aber um das Gerät dafür handelt, verwende ich im Folgenden den Begriff: “Das OCT”. Im Jahr 1991 entwickelt, ist das OCT seit 1996 auf dem Markt und heute eine der am weitesten verbreiteten Möglichkeiten zur Diagnostik des menschlichen Auges und insbesondere in der Makuladiagnostik, also der Untersuchung des Netzhautzentrums, unverzichtbar geworden.
(Bildschirm des OCT depositphotos.com)
Im Prinzip ist es so etwas ähnliches wie der Ultraschall, bloß das bei ihm Schallwellen genommen werden, um sich ein Bild vom Innenleben eines Körperteils zu machen und hier ist es ein spezielles (niedrig kohärentes Infrarotlicht) Licht. Salopp gesagt ist es “Ultraschall mit Licht”. Es dringt ca. 1-3 mm in die Oberfläche ein und aus dem reflektierenden Licht wird ein Schnittbild errechnet das um ein vielfaches detaillierter ist als der Ultraschall (siehe Ultraschallbilder). Die Auflösung, d.h. die Fähigkeit 2 Punkte zu trennen reicht bis zu 5 Mikrometer, also 5 Tausendstel Millimeter, während der übliche Ultraschall am Auge nur bis 0,15 Millimeter oder der hochauflösende Ultraschall bis 50 Tausendstel Millimeter reicht.
Völlig unproblematisch. Man setzt sich vor das Gerät, legt das Kinn auf und schaut auf ein Kreuz im Gerät. Der Untersucher (meist eine Arzthelferin) löst den Meßvorgang aus und ein feiner Laserstrahl tastet völlig ungefährlich und blend- und schmerzfrei den Augenhintergrund, den Sehnerven oder den vorderen Augenabschnitt ab. Dies kann praktischerweise in der Regel ohne Weittropfen der Pupille erfolgen (s. Bild unten mit freundlicher Genehmigung der Firma Zeiss). Anschließend begutachtet der behandelnde Augenarzt den Befund.
Die Netzhaut ist je nach Meßort zwischen 0,1 und 0,56mm dick und besteht aus mehreren Schichten mit unterschiedlicher Funktion im Rahmen der Verarbeitung der Bildinformationen (siehe Der Sehvorgang). Diese filigrane Struktur lässt sich mit dem OCT in 10 verschiedenen Schichten darstellen. Hier “drunter” ein solches Bild, daß den Querschnitt einer normalen Netzhaut im Bereich der Makula von vorne nach hinten darstellt. Es ist mit einem OCT der neuesten Generation (Spectral-domain-OCT) aufgenommen. Wie beim Fernsehen das höherauflösende HD-Bild, spricht man hier von HD-OCT. Ganz neu gibt es jetzt auch OCTs, die 80% der Netzhaut auf einmal abbilden.
Im Folgenden 2 Beispiele:
Als erstes Beispiel (Bild unten) ein Loch in der Mitte der Netzhaut (Makula), ein sogenanntes Makulaforamen. In diesem Fall ist in der Mitte der Makula, der Fovea (siehe Bild oben) ein Defekt, d.h. die Netzhaut fehlt da komplett und das Sehen in diesem wichtigen Bereich - der allein die maximale Sehschärfe von 100% ermöglicht - geht nicht. Das Gesamtsehvermögen ist daher herabgesetzt und es fehlen beim Sehen schon mal einzelne Buchstaben obwohl man ansonsten das ganze Wort sehen kann. Man spricht von einem Skotom, einem kleinen Gesichtsfelddefekt.
Als Zweites ein Zystoides Makulaödem, eine Schwellung im Bereich der Makula. Hier hat sich Flüssigkeit in der Netzhaut gebildet (die dunklen Areale in der Netzhaut unten auf dem Bild) und schränkt ihre Funktion und damit das Sehvermögen stark ein. Bisher konnte dies nur mit der Angiographie oder der Netzhautbetrachtung entdeckt werden. Inzwischen weiß man, daß viele im OCT darstellbare zystoide Makulaödeme sich mit den anderen Untersuchungsmethoden gar nicht finden lassen.
Eigentlich alle Erkrankungen im Makulabereich und seiner Umgebung, die mit deutlichen Dicken- und Strukturveränderungen einhergehen. Dies betrifft vor allem:
Veränderungen durch die Zuckererkrankung, die die Netzhautmitte betreffen (diabetisches Makulaödem)
Veränderungen der Makula durch die trockene und die feuchte Makulopathie (Bild siehe unten) und den Verlauf der Erkrankung, insbesondere bei Gabe von speziellen Medikamenten in das Auge (intravitreale Injektion)
das Makulaödem bei Venenverschlüssen der Netzhaut
die epiretinale Gliose (Bild unten) und vitreomakuläre Traktionen als Erkrankungen des Grenzgebietes zwischen der Netzhaut und des das Auge ausfüllenden Glaskörpers
Beschädigungen oder Veränderungen in einzelnen Schichten der Netzhaut wie z.B. bei der Retinitis pigmentosa oder nach einem Arterienastverschluß.
Die Vermessung der fortschreitenden schädigungsbedingten Aushöhlung des Sehnervenkopfes durch den Grünen Star.
Hier zunächst im Bild sieht man die starke “Einbuchtung” (Excavation) durch langjährigen hohen Augeninnendruck:
Und hier das andere normale Auge des gleichen Patienten mit einer normalen “Einbuchtung” im Querschnitt des OCT-Bildes:
Zusätzlich lassen sich zunehmende Veränderungen der Nervenfasern in der Netzhaut darstellen und so sehr frühzeitig der Beginn eines Grünen Stars beim sogenannten Weitwinkelglaukom diagnostizieren.
Den Kammerwinkel (beim Engwinkelglaukom z.B.) und die Hornhaut im vorderen Bereich des Auges bei Hornhautveränderungen.
Durch die Dickenmessung der einzelnen Netzhautschichten sind Aussagen zum Fortschreiten einer Multiplen Sklerose aber sollen auch Aussagen zum Vorliegen einer Parkinsonerkrankung möglich sein. Vor kurzem wurden auch Zusammenhänge zwischen Netzhautveränderungen im OCT und der Alzheimer-Erkrankung gefunden. Generell gibt es laut einer Studie aus 2024 zahlreiche Innere Erkrankungen, die mit Veränderungen der Dicke einzelner Schichten der Netzhaut einhergehen, was nur mit dem OCT nachweisbar ist. Einschränkend muss man aber hinzufügen, daß die Zusammenhänge nicht ganz eindeutig sind und in der Regel keine sichere Verdachtsdiagnose erlauben.
Oben ein Beispiel für eine epiretinale Gliose. Der weiße Pfeil zeigt die Fovea, das Sehzentrum der Netzhaut an. Die gelben Pfeile zeigen die membranartige Verdickung der Grenzschicht zwischen Netzhaut und Glaskörper. Auf der linken Seite hat der Zug der Membran die Netzhaut gefältelt. Dies führt zu Verzerrungen im Bild, die der Patient selbst im Amslertest überprüfen kann und die nur durch Operation in Form eines glaskörperchirurgischen Eingriffs behoben werden können.
Oben ein Bild von einer feuchten Makuladegeneration bei der eine Wucherung von unten/hintenin die Netzhaut einwächst, diese anhebt und zerstört. Auf dem Bild sieht man deutlich die “Beule”. die dadurch entsteht und, die das verzerrte Sehen - das typisch für diese Krankheit ist - verursacht.
Bei den privaten Kassen wird es ohne Probleme übernommen. Leider bei den gesetzlichen Kassen in vielen Fällen nicht. Ausnahme ist seit 2019 die Verlaufskontrolle der intravitrealen Injektion) bei der feuchten Makulopathie und dem diabetischen Makulaödem. Bei bestimmten Kassen im Rahmen von Sonderverträgen auch für andere Fälle. Angesichts der Tatsache, dass dieses Gerät in der Netzhautdiagnostik für viele Erkrankungen unverzichtbar ist und seit 1996 existiert, muss ich da mal ironisch werden: "Schnelle Entscheidungsfindung". Wird es nicht bezahlt, wie z.B. beim Makulaforamen und er epiretinalen Gliose, bei denen man ohne des OCT keine sinnvollen Aussagen machen kann, handelt es sich um eine Individuelle Gesundheitsleistung (s.. IGeL). Insofern muß man sich, in den nicht über Kasse abrechenbaren Fällen, schon genau überlegen, ob man dieses Gerät einsetzt. Interessant ist das Ergebnis fast immer und zur Verlaufsbeurteilung und grundlegenden Beurteilung mancher Erkrankungen auch unabdingbar aber unbedingt notwendig ist es nicht in allen Fällen.
(Einige der Bilder auf dieser Seite mit freundlicher Genehmigung der Firma Heidelberg Engineering)
Während die klassische OCT nur räumliche Unterschiede im Reflexverhalten einzelner Schichten der Netzhaut darstellen kann, kann die OCT-A auch zeitliche Unterschiede und damit live den Blutfluss darstellen. Insofern kann sie teilweise die klassische Fluoreszenzangiographie ersetzen, ohne dass man ein Kontrastmittel bräuchte. Mit der OCT-A sind teilweise auch feinere Unterscheide im Blutgefäßverhalten darstellbar. Flüssigkeitsaustritte aus undichten Blutgefäßen stellt sie leider nicht dar und insofern ist leider keine komplette Ersetzbarkeit der Fluoreszenzangiographie gegeben. Unten ein Bild, in dem man den regulären Blick auf die Netzhaut sieht und in dem kleinen Fenster den nahezu räumlichen Eindruck der OCT-Angiographie (Bild mit freundlicher Genehmigung der Firma Zeiss, bei der auch das Copyright liegt)
Eine kleinere Studie weist jetzt darauf hin, daß evt. mit der OCT-A auch Frühzeichen der Alzheimererkrankung in der Netzhaut darstellbar sind. In die Routinediagnostik hat dies aber noch keinen Eingang gefunden.
Inzwischen wird es auch in Operationsmikroskope eingebaut, um bei unübersichtlichten Situationen während der Augenchirurgie dem Operateur genauere Detailinformationen zu geben. Man spricht auch vom "Intraoperativen OCT", kurz iOCT. Der Anwendungsbereich betrifft z.B.
(Stand 18.04.2024)