Fehlsichtigkeiten (Sehfehler):

Fehlsichtigkeiten - umgangssprachlich auch Sehfehler genannt - sind Formveränderungen des Auges, die zu unscharfem Sehen und eingeschränkter Sehschärfe führen und in der Regel mit optischen Mitteln (Brillen, Kontaktlinsen) oder Operationen ausgeglichen werden können. Ihre genaue Bestimmung erfolgt hauptsächlich mit einem Refraktometer (siehe unter Sehfehlerbestimmung).

Sehfehler (Symbolphoto: Brillenkorrektur eines Sehfehlers: depositphotos.com)

Wann spricht man von Normalsichtigkeit (Emmetropie) ?

In diesem Fall entspricht die Augenlänge genau den Lichtbrechungseigenschaften von Hornhaut und Linse. Das Bild der Umwelt wird also scharf auf der Netzhaut abgebildet (siehe Brennpunkt auf der Grafik unten). Einschränkend muß man hierzu erwähnen, daß dies so nur beim Blick in die Ferne stimmt. Im entspannten Zustand sieht ein normalsichtiges Auge nämlich nur in der Ferne scharf. Das Licht wird je nach Krümmung der Oberfläche (Hornhaut, Linse), die es durchtritt, immer im gleichen Winkel abgelenkt (gebrochen). Man spricht von der Brechkraft (Refraktion) des Auges (siehe Sehfehlerbestimmung). Dies bedeutet bei einem normalsichtigen Auge, daß ein Bild aus der Ferne gerade so gebrochen wird, daß die Lichtstrahlen auf der Netzhaut gebündelt erscheinen.

Normalsichtigkeit

Oben normalsichtiges Auge, d.h. die Lichtstrahlen, die ein Gegenstand reflektiert, werden von der Hornhaut und der Linse auf die Netzhaut gebündelt und der Gegenstand wird hier scharf abgebildet, da hier der Brennpunkt der Lichtstrahlen liegt.

Je näher ein Gegenstand jedoch dem Auge kommt, um so mehr müsste das Licht gebrochen werden, damit das Bild im gleichen Brennpunkt liegt. Ohne eine Verformung des Auges wäre in der Nähe also alles unscharf. Um auch in der Nähe klar sehen zu können, muß die Brechkraft des Auges geändert (Akkomodation) d.h. erst auf die Nähe scharf gestellt werden (Nahakkommodation). Ein kleiner Muskel verformt die Linse, verändert deren Krümmung und damit den Brennpunkt und schon kann man auch in der Nähe scharf sehen. Beim Älteren gelingt dies nicht mehr, dann spricht man von Alterssichtigkeit (s.u.). Es gibt auch eine Fernakkommodation, d.h. das Auge stellt (wieder) auf die Ferne scharf.

Ergänzend sollte man erwähnen, dass fast keine Auge eine Fernbrechkraft von 0,0 Dioptrien hat. Einen ganz kleinen "Sehfehler" haben alle Augen. Bedeutsam ist dies nur, wenn kein Sehvermögen von 100% erreicht wird. Nur dann ist eine Korrektur mit Brillenn oder dergleichen notwendig.

Die häufigsten Fehlsichtigkeiten sind:

1. Kurzsichtigkeit (Myopie)

Kurzsichtige Menschen haben ein zu lang gebautes Auge. Die Netzhaut liegt zu weit hinten für die Brechkraft von Hornhaut und Linse. Das aus der Ferne in das Auge gespiegelte Bild ist nur an dem Ort scharf, an dem normalerweise die Netzhaut sein sollte, jetzt aber nicht ist. In diesem Fall liegt der Brennpunkt also vor der Netzhaut (siehe Grafik unten), weil die Brechung durch Linse und Hornhaut zu stark für die Länge des Auges ist. Auf der Netzhaut ist das Bild unscharf. Diese Patienten können in der Ferne nichts scharf erkennen. Der Vorteil ist hier jedoch, daß je näher ein Gegenstand dem Auge kommt und dadurch der Brennpunkt nach hinten Richtung Netzhaut rückt, desto schärfer wird das Bild wieder. Diese Patienten können also im entspannten Zustand, auch ohne Akkommodation in der Nähe bzw. auf kurze Entfernung sehen. Daher der Ausdruck Kurzsichtigkeit, weil nur auf kurze Entfernung alles klar zu erkennen ist. In der Ferne (z.B. an der Tafel in der Schule) ist alles unscharf.

Kurzsichtigkeit

Oben kurzsichtiges Auge, d.h. die scharfe Abbildung liegt vor der Netzhaut und im Bereich der Netzhaut ist alles unscharf ohne zusätzliche Korrektur.

Um gut weit sehen zu können (Autofahren z.B.) brauchen diese Patienten eine Korrektur, z.B. eine Brille. Entweder in der Schule oder beim Sehtest vor der Führerscheinprüfung stellt sich dies spätestens heraus. Dann wurde früher ein Eintrag im Führerschein vorgenommen: “Das Fahren ist nur mit geeigneten Sehhilfen erlaubt”. Bei den neuen Führerscheinen ist dies durch eine Codeziffer abgekürzt. Im Gegensatz zur Hornhautverkrümmung (s.u.) liegt bei der Geburt noch keine Kurzsichtigkeit vor und diese entwickelt sich erst, meistens in der Schulzeit. Bis zum Ende der Grundschulzeit werden ca. 14% aller Kinder kurzsichtig. Die Häufigkeit steigt dann auf ca. 45% im Alter von 25 Jahren. Eine weitere Besonderheit der Kurzsichtigen ist das erhöhte Risiko für Netzhautablösungen. Bei einer Kurzsichtigkeit von mehr als 2 Dioptrien (ein Maß für die Stärke der Gläserkorrektur), sollte alle 2 Jahre eine vorbeugende Untersuchung der Netzhaut vorgenommen werden. Insbesondere bei starken Kurzsichtigkeiten von mehr als 6 Dioptrien (1-4% der Bevölkerung) kann es zu Schäden und Wucherungen im Netzhautzentrum (CNV), der sogenannten myopen Makulopathie kommen (betrifft 5% dieser Patienten und tritt generell mit 9-fach erhöhter Wahrscheinlichkeit, gegenüber einem Auge dass nur 1 Dioptrien kurzsichtig ist, auf). Da hier ein ähnlicher Prozeß auftritt werden letztere ähnlich der feuchten Makulopathie mit Spritzen in das Auge (Intravitreale Injektion) behandelt. Die CNV ist übrigens eine der häufigsten Erblindungsursachen jüngerer Patienten und daher sollten schon die jungen stark Kurzsichtigen bei Sehproblemen um so genauer untersucht werden. Zusätzlich ist das Risiko einen Grünen Star zu bekommen 2-3-fach erhöht und in der Regel tritt der Graue Star auch früher auf. Die Ursachen der Kurzsichtigkeit und ihres Fortschreitens sind noch nicht voll geklärt. Näheres hierzu und zu Vermeidungsstrategien siehe unter: Ursachen der Kurzsichtigkeit und unter Vorsorge. Auf der Seite über die Ursachen der Kurzsichtigkeit findet sich auch eine Formel zur Abschätzung des endgültigen Sehfehlers eines kurzsichtigen Kindes.

2. Weitsichtigkeit (Hyperopie)

Weitsichtige Menschen haben ein zu kurz gebautes Auge. Das aus der Ferne ins Auge gespiegelte Bild ist erst hinter der Netzhaut scharf. Sie können jedoch bei leichter Ausprägung der Weitsichtigkeit trotzdem weit gut sehen, indem sie ihren Linsenmuskel (Ziliarmuskel) anstrengen. Dies funktioniert auch in der Nähe - hier aber nur mit vermehrter Anstrengung. Daher der Ausdruck Weitsichtigkeit, da hier das beste Sehen existiert, häufig sogar besser als Normalsichtige. Das unterscheidet sie von den Kurzsichtigen, die beim besten Willen in der Ferne nichts sehen können (Lider zusammenkneifen hilft ein bißchen). Durch die Anstrengung des Ziliarmuskels gelingt es dem Weitsichtigen lange Zeit auch in der Nähe gut zu sehen. Häufig weiß der Betroffene gar nichts von seinem Sehfehler und kommt nur zum Arzt, weil er bei längerem Lesen immer Kopfschmerzen, brennende oder plötzlich tränende Augen bekommt.

Weitsichtigkeit

Oben weitsichtiges Auge, d.h. die scharfe Abbildung liegt hinter der Netzhaut und im Bereich der Netzhaut existiert nur ein scharfes Bild bei zusätzlicher Korrektur oder ausreichender Fähigkeit zur Naheinstellung (Akkommodation).

Kinder können mit ihrer noch großen Fähigkeit der Naheinstellung (Akkommodation) häufig sogar starke Weitsichtigkeiten ohne Probleme ausgleichen. Jedoch früher als andere braucht der Weitsichtige dann eine Lesebrille (ca. mit 40). Die Weitsichtigkeit ist bei kleinen Kindern sehr weit verbreitet und “wächst sich häufig aus”. Typisches Zitat: “ Als Kind brauchte ich eine Brille, jetzt nicht mehr”. Statistiken sprechen von 80% weitsichtigen Kleinkindern. Die Weitsichtigkeit muß bei Kindern nicht zwingend korrigiert werden. Ist der Wert nicht zu hoch (ca. bis 1,5 bis 2,5 dptr.) und bestehen keine Leseprobleme, Schielneigungen oder andere Beschwerden wie Kopfschmerzen, geht es auch ohne. Dies muß jedoch genau vom Augenarzt überwacht werden (s.a. Schulprobleme und Auge). Bei stärkeren Weitsichigkeiten kommt man dauerhaft nicht ohne Brille aus.Tritt beim Erwachsenen plötzlich eine Weitsichtigkeit auf (Ausnahme natürlich die Alterssichtigkeit s.u.), kann z.B. ein Tumor im Auge oder eine Netzhautschwellung (Makulaödem) dahinterstecken. Beides ist jedoch recht selten.

3. Stabsichtigkeit (Astigmatismus, Hornhautverkrümmung)

Die Stabsichtigkeit ist eine Verformung des Auges, die dazu führt, daß ein Punkt wie ein kleiner Strich oder Stab (daher der Name) aussieht. Nicht das ganze Auge, sondern hauptsächlich die Hornhaut ist oval verbogen und so kommt es zu dieser Verzerrung. Kleinere Gegenstände können nicht mehr genau unterschieden werden und erst die entsprechend geformte Brille führt bei einer gleichmäßigen (regulären) Hornhautverkrümmung zu einem Ausgleich und damit zu einem schärferen Sehen. Die Stabsichtigkeit ist in der Regel schon bei der Geburt vorhanden, ändert sich im Gegensatz zur Kurz- und Weitsichtigkeit nicht mehr und ist in 50% der Fälle erblich. Die Stabsichtigkeit macht sich durch gleich schlechtes Sehen in Nähe und Ferne bemerkbar. Die Gegenstände und vor allem Zahlen und Buchstaben sind in der Achse der Verformung länglich verzerrt.

Hornhautverkrümmung

Oben stabsichtiges Auge, d.h. ein runder Gegenstand wird verzerrt und in Teilen unscharf auf der Netzhaut abgebildet. Nur mit einer Korrekur ist ein reguläres Bild zu erzielen. Zur weiteren Illustration unten ein Bild zunächst ohne und darunter mit Stabsichtigkeit. Die Anzeigentafeln sind schwerer abzulesen.

Handelt es sich um eine ungleichmäßige (irreguläre) Stabsichtigkeit, wie z.B. den Keratokonus (s.u.), ist diese mit einer normalen Brille meist nicht auszugleichen. Gegebenenfalls sind hier harte Kontaktlinsen notwendig. Durch Verletzungen mit Hornhautnarben aber auch durch Lidtumore und Lidfehlstellungen kann auch im späteren Leben noch eine - dann meist irreguläre - Hornhautverkrümmung ausgelöst werden (siehe auch “Wie schütze ich mich” unter Vorsorge und Unfälle am Auge) und es kommt ausnahmsweise zur einer Zunahme oder einem Erstauftreten einer Hornhautverkrümmung.

4. Alterssichtigkeit (Presbyopie)

Wie schon oben erwähnt, ist das normale Auge im entspanntem Zustand auf die Ferne eingestellt. Zum Sehen in der Nähe spannt sich der ringförmige Ziliarmuskel an und die Linse kann sich im jugendlichen Zustand entsprechend ihrer Eigenelastizität abrunden/dicker werden und dadurch ihre Brechkraft erhöhen und in die Nähe scharf stellen. Im entspannten Zustand des Muskels wird die Linse flacher, da die Aufhängefasern der Linse (Zonulafasern) sie flach ziehen und dadurch in die Ferne scharf stellen. Mit zunehmendem Alter verliert die Linse im Auge an Elastizität, wird steifer und die Naheinstellung geht langsamer bis zunehmend gar nicht mehr. Die Linsenstruktur wandelt sich vom “Gummibärchen zum Bimsstein”. Während man mit 15 Jahren noch bis z.B. 8 cm vor dem Auge scharf sehen kann, gelingt einem dies mit 45 Jahren häufig nur noch auf 35 cm. So kommt es, daß Bücherlesen oder das Erkennen kleiner Preisschilder z.B. immer schwieriger da unschärfer wird.

Altersweitsichtigkeit

Oben altersweitsichtiges Auge, d.h. bei nah gehaltenen Gegenständen vor dem Auge gelingt das “Heranholen” durch Naheinstellung nicht mehr und es entsteht der gleiche Effekt wie beim weitsichtigen Auge.

Das häufig empfohlene Augentraining (nach Bates) führt leider auf Dauer nur zu Augenbeschwerden und es gelingt doch nicht in der Nähe mehr zu sehen, da es sich nicht um eine Muskelschwäche, sondern um eine Strukturveränderung der Linse handelt. Letztendlich muß eine Brille für den Nahbereich, eine sogenannte Lesebrille verordnet werden. Diese ist aufgrund des weiter fortschreitenden Elastizitätsverlustes der Linse alle 3-5 Jahre bis ca. zum 65 Lebensjahr zu verstärken. Manchmal wird die Alterssichtigkeit auch als Altersweitsichtigkeit bezeichnet. Dies führt dann bei manchen zu der fälschlichen Annahme, im Alter würde eine vorhandene Kurzsichtigkeit durch die Altersweitsichigkeit aufgehoben. Dies ist leider nicht der Fall. Es ist nur so, daß viele Kurzsichtige im Alter, auch ohne Lesebrille, immer noch ganz gut in der Nähe sehen können.

Eine besondere Variante der Natur sind Leute, die immer schon ein weit- und ein kurzsichtiges (vorzugsweise um 2,5 Dioptrien) Auge hatten. Sie können auch im hohen Alter noch ohne Brille fern und nah sehen. Bekanntester Vertreter ist Goethe gewesen - nach ihm daher auch Goetheblick genannt - aber Konrad Adenauer war auch betroffen. Man kann dies übrigens auch chirurgisch herbeiführen und spricht dann von Monovision.

Eine vorübergehende Unfähigkeit nah zu sehen und zu lesen kann nach schweren Verletzungen insbesondere mit Hirnerschütterung auftreten, da man dann sozusagen zu schwach für die Naheinstellung (Akkomodation) der Augen ist.

5. Keratokonus

Eine seltene ungleichmäßige Verformung der Hornhaut, die zunächst mit Brillen, dann nur noch mit speziellen harte Kontaktlinsen und in Spätstadien evtl. nur noch mit Operationen bis zur Hornhautverpflanzung ausgeglichen werden kann. (siehe insbesondere unter Hornhauterkrankungen)

Formen der Korrektur (bitte anklicken):

Allein bei den Optikern gaben die Deutschen im Jahr 2018 6,3 Milliarden Euro zur Korrektur ihrer Sehprobleme aus.

1. Brillen (Lesebrille, Lesehilfe, Gleitsichtbrille, Sonnenbrille, Internetbrille, Brillenmaterialien, Beschichtungen, Brillenpflege, die Geschichte der Brille etc.)

2. Kontaktlinsen (weiche, harte, Monatslinsen, Kontaktlinsenmaterialien, Kontaktlinsenanpassung, Dauertragelinsen, Kontaktlinsen und Sport)

3. Operationen (Laseroperationen wie LASIK und andere Operationsformen)

4. Vergrößernde Sehhilfen (Extreme Vergrößerung bei sehr schlechtem Sehen bzw. Sehbehinderung, die mit normalen Brillen nicht mehr ausgeglichen werden kann)

Nicht behoben werden können Sehfehler durch die sogenannte Rasterbrille (Beispiel für einen Anbieter). Hier handelt es sich um eine Brille, in die statt Korrekturgläsern eine mit winzigen Löchern versehenen schwarze Plastikscheibe eingesetzt ist. Es kommt hier NICHT zu dem gewünschten Trainingseffekt, der die Sehfehler korrigiert aber durchaus zu einem etwas schärferen Sehen MIT der Brille, da diese wie die aus dem Physikunterricht bekannte Lochblende wirkt. Gleichzeitig wird aber das Gesichtfeld eingeschränkt, es ist dunkler und die Orientierung fällt schwerer. Nimmt man die Brille ab, ist der ursprüngliche bestehende Sehfehler immer noch der gleiche und nicht durch das "Training" nicht mehr merkbar. Leider ist diese Methode insofern genauso enttäuschend wie das Augentraining nach Bates.

Weiteres:

Einen sehr schönen Simulator, wie man im Strassenverkehr mit welchem Sehfehler (Kurz- und Weitsichtigkeit bzw. Hornhautverkrümmung) sehen kann, finden Sie HIER

Für Informationen zu Schulproblemen und Augenfehlern: Bitte HIER klicken

Anmerk.: Alle Grafiken auf dieser Seite: Copyright Firma Bausch und Lomb.

(Stand 11.12.2024)